Musik aus Stuttgart

Dreidimensionale Musik

Dominik Schatz in seinem Element.

Im richtigen Leben heißen sie Dominik Schatz und Philipp Kaiser. Wenn sie arbeiten sind sie „Drum Quixote“ und „Luminance“. Gemeinsam bilden die beiden Medienwirtschaftsstudenten der Hochschule der Medien in Stuttgart- Vaihingen das Duo „Lichtgestalten“. Sie spielen in Clubs, bei Festivals und Kulturveranstaltungen mit Farbe, Licht und Projektionen. Dabei erlangen sie immer größere Aufmerksamkeit und schaffen neue Welten aus Musik und Animationen.
GOOD NEWS: Ihr bezeichnet euch als VJs, als Videojockeys. Was ist ein Videojockey?
Philipp Kaiser: Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, da gibt es nicht nur eine Definition. Wir sehen uns im übertragenen Sinne als DJs, die mit Projektionen und Licht anstatt mit Musik arbeiten.
Dominik Schatz: Detailliert sieht das meist so aus, dass wir etwa von einem Partyveranstalter gebucht werden, einen DJ zu unterstützen. Wir projizieren dann Videos, Animationen und abstrakte Formen mit Beamern auf PVCPlatten oder andere Materialien.
GOOD NEWS: Und das gefällt dem Publikum offenbar sehr gut.
Dominik Schatz: Ja, meist schon. Wenn wir in Clubs auflegen sind wir aber hauptsächlich als Unterstützung und zur visuellen Umsetzung der Musik da. Die Leute kommen wegen der DJs oder der Live-Künstler. Aber wir versorgen sie mit visuellem Input. Und das ist anspruchsvoller als es sich anhört. Wir müssen die Musik fühlen und unsere Visuals daran anpassen. Wir müssen die Musik verstehen und wissen, was wann kommt.
Philipp Kaiser: Meist arbeiten wir zu elektronischer Musik. Durch die Farben und Formen wird sie dreidimensional.
GOOD NEWS: Mischt ihr eure Formen, Clips und Animationen live?
Philipp Kaiser: Natürlich müssen wir Vorarbeit leisten und erstellen schon im Vorhinein Formen und Clips am PC. Trotzdem lassen wir uns immer noch so viel künstlerische Freiheit, direkt vor Ort Ideen zu improvisieren.
Dominik Schatz: Wir arbeiten auch mit speziellen Filtern und Masken, mit denen wir die Visuals live verändern und weiterentwickeln können. So entsteht immer spontan Neues. Wir haben kürzlich mal eine Webcam an unsere Laptops angeschlossen und Drahtgewebe sowie Lampen davor gehalten. Das haben wir dann live auf unsere PVC-Platten projiziert. Das war sehr spannend.
GOOD NEWS: Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit und wie entstand die Idee zu „Lichtgestalten“?
Philipp Kaiser: Wir kennen uns vom Studium. Ich habe bereits nach dem Abitur erste Schritte in diesem Bereich gemacht, weil mich das total fasziniert hat. Da habe ich noch bei Frankfurt am Main gelebt. Als ich dann zum Studieren nach Stuttgart kam, habe ich hier erste Kontakte zum Stuttgarter Videojockey Christian Herbstreuth alias „A Free Mind“ geknüpft. Er hat mich oft unterstützt und Veranstaltern bekannt gemacht.
Dominik Schatz: Ich komme eigentlich aus dem Bereich der elektronischen Musik. Verstanden haben wir uns immer schon gut, unser Projekt „Lichtgestalten“ gibt es aber erst seit Anfang des Jahres.
GOOD NEWS: Ihr spielt nicht nur in Clubs oder auf Partys?
Philipp Kaiser: Nein, wir wollen uns nun auch verstärkt Videoinstallationen widmen. Erst vor ein paar Wochen haben wir für die Eröffnung der Kulturinsel Stuttgart eine solche entwickelt. Da mussten wir einiges mehr an Arbeit investieren. Wir haben zum Beispiel alles ausgemessen, worauf wir projizieren. An der Hauswand der Kulturinsel sind etwa vier Fenster, die wir berücksichtigen mussten. Es ist wichtig, dass der Beamer immer an der gleichen Stelle, in der gleichen Entfernung steht. Schließlich haben wir einen halbstündigen Clip produziert, den wir dann in einer Schleife laufen ließen. „Erst vor ein paar Wochen haben wir für die Eröffnung der Kulturinsel Stuttgart eine Videoinstallation entwickelt.“
GOOD NEWS: Eure Referenzen sind große DJs wie Sascha Funke, Monika Kruse oder sogar Pantha Du Prince. Wie habt ihr euch bei den Zusammenarbeiten gefühlt?
Dominik Schatz: Das hat eigentlich nicht so viel mit den Künstlern an sich zu tun. Natürlich ist es schön, wenn wir mit namhaften DJs auftreten. Aber im Endeffekt geht es um die Musik, da ist der Künstler fast egal. Wir wollen zwar auch Spaß haben, aber in erster Linie geht es um die Arbeit, die gut werden muss. Philipp hat etwa beim „Day & Night“- Festival in Sindelfingen für Sascha Funke und Monika Kruse gespielt ...
Philipp Kaiser: … aber das bisher spannendste war, für Pantha Du Prince im Rocker 33 zu spielen. Da ist die Musik viel verspielter und fließender mit viel Hall, so dass wir sehr feinfühlig sein mussten und eher facettenreicher gearbeitet haben. Da ist die Musik sehr organisch, das haben wir symbolisiert.
GOOD NEWS: An welchen Projekten arbeitet ihr momentan?
Dominik Schatz: Gerade drehen wir einen Kurzfilm für den Nachwuchswettbewerb „Visio“ des SWR. Wir arbeiten dafür in der Skatehalle in Bad Cannstatt mit zwei jungen Skatern und zwei befreundeten Filmern. Und natürlich arbeiten wir auch hier mit Projektionen. Mehr verraten wir aber noch nicht.
Philipp Kaiser: Das ist ein sehr spannendes Projekt, so etwas machen wir auch zum ersten Mal. Außerdem wollen wir uns gern an der Visualisierung von Bands probieren, da brauchen wir eine ganz andere Herangehensweise als bei den elektronischen Sachen.
Dominik Schatz: Mein Traum ist auch, ein gemeinsames Projekt auf die Beine stellen. Während ich meine Musik auflege, würde Philipp die Visuals machen. Das ganze perfekt aufeinander abzustimmen und daraus ein größeres, längerfristiges Projekt zu machen, reizt mich enorm. Aber eigentlich habe ich keine Zweifel, dass wir auch das hinbekommen. Nur ein wenig Zeit braucht es dafür noch. (DS)

10.11.2012
(Ausgabe 10. November 2012)