Il Pomodoro in Stuttgart

Ein Holzofen und ganz viel Herz

Die Anlaufstelle für Genießer: Das Il Pomodoro in der Silberburgstraße.

So schnell bringt Petra Reim nichts aus der Ruhe. Auch nicht die Ankündigung der Bertolli-Jury, die bei einer Restauranttour im August 2012 die beste Trattoria Deutschlands küren wollte und sich aus gegebenem Anlass zum Testessen bei der Inhaberin ankündigte. Mittels Internetportalen und Gästebewertungen war das Il Pomodoro im Stuttgarter Westen unter die zehn besten Restaurants Deutschlands und somit in die Vorauswahl des Wettbewerbs gekommen.

Ein ganz normaler Abend

Doch Petra Reim ist ein volles Haus in der Silberburgstraße gewöhnt und bleibt sich auch im größten Trubel treu: „Wir sind immer so, wie wir eben sind“, sagt die Gastronomin. So sei auch der Abend, an dem die Wettbewerbsjury zu Besuch kam, „ein ganz normaler Abend gewesen“, erklärt sie. „Ganz normal“ heißt im Il Pomodoro vor allem eines: lecker. Selbst zusammengestellte Vorspeisen, gratinierter Fenchel aus dem Holzofen, dazu guter Wein und Champagner – das alles durfte sich die zehnköpfige Jury vom freundlichen Team auftischen lassen.

Die Gäste stehen Schlange

Zu guter Letzt bedeutet „normal“ in der kleinen Trattoria auch noch so viel wie kuschelig, denn die 45 Sitzplätze sind immer schnell vergeben. Warten auf einen Tisch ist im Il Pomodoro an der Tages- beziehungsweise Abendordnung – und das wird auch erst einmal so bleiben. Auch in Zukunft wird die Schlange an der Tür mit Sicherheit nicht kürzer werden. Denn aus der Trattoria-Tour des Pastaherstellers Bertolli gingen die Stuttgarter als strahlende Sieger hervor.

Das Geheimrezept

Seit 2007 bekochen Petra und Stefan Reim die Gäste in der Silberburgstraße. Ihr Geheimrezept? Eine Kombination aus verschiedenen Zutaten: Einfache und gute Küche, schwäbisch-südländische Herzlichkeit, Liebe zum Detail und Teamwork. „Wir sind über eine enge Freundschaft zu unserem Restaurant gekommen“, erinnert sich Petra Reim.

Bodenständig und lecker

Gemeinsam besuchten sie und ihr Mann früher häufig ein befreundetes italienisches Ehepaar in Apulien – die damaligen Besitzer des ersten Il Pomodoros am Wilhelmsplatz. „Dort haben wir immer alle zusammen gekocht“, erzählt Reim. „Man saß an einer riesigen Tafel, während im Ofen die Dorade brutzelte. Das war einfach toll“, schwärmt sie weiter. Es sei eine einfache, bodenständige Küche gewesen, aber sehr gut und vor allem unschlagbar in Kombination mit der mediterranen Lebensart.

Was braucht man mehr

Als sie und ihr Mann beschlossen, in Apulien zu heiraten, ließ der gesamte Ort seinen italienischen Charme spielen, den das Ehepaar Reim bis heute nicht vergessen hat: „Der Bürgermeister persönlich hat uns getraut und unsere lieben Freunde kochten für uns“, erzählt die Gastronomin. Eben diese Freundschaft mit der Familie Compagnoni ist es, die Stefan und Petra Reim nun seit über fünf Jahren im Stuttgarter Westen weiterführt. Die leckeren Gerichte, für die nicht nur die Inspiration, sondern auch die Zutaten direkt aus Italien kommen, tun ihr Übriges. Das Konzept des Restaurants basiert dabei auf einer einfachen Frage: „Was braucht man eigentlich zum Glücklich-sein?“ Die Antwort: „Nette Menschen, leckeres Essen, schönes Ambiente – ach ja, und guter Wein ist auch nicht verkehrt“, entgegnet Petra Reim lachend.

Die Entscheidung fällt schwer

Wer sich in dieser Hinsicht nicht gleich entscheiden kann, bekommt im Il Pomodoro Empfehlungen, darf probieren und in aller Ruhe auswählen. Gäste, die auf einen Tisch warten, tun das gut umsorgt mit einem Gläschen Prosecco und frischen Panini. Und Menschen mit Blick fürs Detail freuen sich hier über ein Tomaten-Etikett auf dem apulischen Hauswein, eine handgeschriebene Wochenkarte oder die mediterranen Kräuter und Pflanzen, die man hier und da in der gemütlich- verwinkelten Trattoria entdeckt. „Hinter dieser Leichtigkeit steckt harte Arbeit“, erklärt die Restaurantbesitzerin, die ebenso viel Herzblut wie Zeit und Mühe in ihren Laden steckt.

Ein Dream-Team

„Wir sind morgens die ersten, die kommen und abends die letzten die gehen“, sagt sie. Das liegt nicht zuletzt an der intensiven Einarbeitung der Mitarbeiter, auf die das Ehepaar Reim viel Wert legt: „Unser Team begleitet uns auf unserem Weg, deswegen möchte ich meine Mitarbeiter auch unterstützen.“ Ihr wichtigstes Mittel hierfür ist Kommunikation. „Das ist wie in einer guten Ehe: Da kann man auch nicht immer einfach schlafen gehen, sondern setzt sich eben noch hin und redet“, erklärt die Gastronomin, der ihr früheres Pädagogikstudium in diesem Fall sicher zugutekommt.

Vom Bänker zum Koch

Auch Stefan Reim ist Quereinsteiger – er war früher bei einer Bank tätig. „Mein Mann hat schon immer viel gekocht“, erzählt seine Frau. Zwischendurch leiteten die beiden ein Hotel in Österreich. „Aber was ich jetzt mache, ist wirklich meine Berufung“, bestätigt sie. Da störe es auch nicht weiter, wenn sie selbst am Sonntag, dem Ruhetag des Il Pomodoro, an den Wochenkarten basteln und im Restaurant vorbeischauen, um den Holzofen am Laufen zu halten. Alle Zweifel daran lächelt sie einfach weg – und man glaubt es ihr. Die Reims sind Vollblutgastronomen.

Stolze Sieger

Der Titel „Trattoria des Jahres“ fühlt sich als Belohnung für die viele Arbeit aber trotzdem gut an, oder? „Ja, unfassbar, dass wir gewonnen haben!“, freut sich Petra Reim. Die Dinge jetzt einfach so laufen lassen, kommt dennoch nicht in Frage. „Wir haben jeden Tag den gleichen, hohen Anspruch an uns und unsere Arbeit hier – egal ob jemand zum ersten Mal oder zum hundertsten Mal zu uns kommt“, erklärt die Gastronomin. (TD)

10.11.2012
(Ausgabe 10. November 2012)