shack lädt zum Tag der offenen Tür ein

Hackertreff in Stuttgart

Der shack ist zugleich Treffpunkt und sozialer Raum für die Hacker in Stuttgart. (Bilder: Joachim Fenkes)

Das Internetlexikon Wikipedia beantwortet die Suche nach dem Begriff Hacker mit folgender Definition: „Der Hacker ist ein Technikenthusiast [...]. In einem übergreifenden Sinn umfasst ‚Hacker’ experimentierfreudige Personen, die mit ihren Fachkenntnissen eine Technologie beliebiger Art außerhalb ihrer normalen Zweckbestimmung oder ihres gewöhnlichen Gebrauchs benutzen.“ Eine Beschreibung, die den Mitgliedern des Stuttgarter Hackerspace shack recht nahe kommt. Von 23 Hackern im April 2010 als eingetragener, gemeinnütziger Verein gegründet, ist der shack inzwischen ein beliebter Treffpunkt für immer mehr Computeranwender, die ihrem Hobby frönen und gleichzeitig der Netzeinsamkeit entkommen wollen. Der Name setzt sich zusammen aus Stuttgart und Hacken: shack. Momentan hat der Verein 100 Mitglieder und ist damit der zweitgrößte Hackerspace Deutschlands. Weltweit gibt es Hunderte solcher Einrichtungen.

Einladung in den Hackerspace

Die ersten Monate trafen sich die Hacker am Nordbahnhof, vor Kurzem ist der Verein in ein ehemaliges Polizeirevier in Stuttgart-Wangen umgezogen. Das 350 Quadratmeter große Areal wandelt sich zunehmend in ein Künstlerzentrum. Neben den Computerbasteleien ist hier Raum für Musiker, Metallwerker und Künstler. Am 18. Juni 2011 veranstaltet der Verein einen Tag der offenen Tür, zu dem alle Computerbegeisterten und die, die es vielleicht noch werden möchten, eingeladen sind. Dabei wird das Konzept von shack vorgestellt, über den Hackerspace und seine Zukunft diskutiert und der Verein präsentiert einige seiner Projekte. Außerdem sind verschiedene Vorträge geplant, unter anderem zu den Themen Sicherheitstechnik, elektronische Bücher und Computerkunst mit dem Drucker. Im Hof des alten Polizeiamts wird gegrillt und am Abend findet eine Party statt.

Programmierung und Ergebnistoleranz

Das Herz des Vereins ist der Treffpunkt. Mit ihm steht und fällt der Erfolg des Hackerspace. Das Angebot von Strom, Internet, Arbeitsplätzen und einem Dach über dem Kopf schafft die Infrastruktur für alle kreativen Prozesse. Die Gründer verstehen den Hackerspace als soziales Experiment. Drei Schlagworte markieren es: die Werkstatt, Treffpunkt, Vereinsheim. Werkzeug und Ausrüstung stehen für jedermann zur Verfügung und um der Nachtaktivität der Nutzer entgegen zu kommen, ist der Raum zudem prinzipiell rund um die Uhr zugänglich. Der Hackerspace ist ein Ort für „menschenfreundliche Computerkultur mit Programmierung und Ergebnistoleranz“, so der Verein.

Ein buntgemischter Haufen

Die Nutzer sind zwischen 16 und 40 Jahre alt und haben die unterschiedlichsten beruflichen Hintergründe. Von Informatikern und Elektronikern über Wissenschaftler und Pädagogen bis hin zu Mechanikern und Werbetextern dürfen sich hier alle austoben, programmieren, löten, basteln; Ideen haben und sie umsetzen, unabhängig von Sinn und Nutzen des Endprodukts. „Irgendwo abhängen, im Halbdunkel hinter dem Rechner sitzend, jeder macht etwas anderes. Man schaut sich gegenseitig über die Schulter und kommt gemeinsam auf neue Ideen“, erklärt Claus Wilcke, der sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins kümmert, das Prinzip von shack. Der Austausch zwischen den Nutzern bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Kräfte zu messen, aber auch von- und miteinander zu lernen; die Ausstattung der Lokalität mit Kochgelegenheit und Lounge- Bereich fördert zwischenmenschliche Beziehungen. Für viele sind es gerade die Menschen, die den Charme von shack ausmachen. „Der shack ist ein großer, chaotischer Haufen mit sehr vielen kreativen Leuten, die technisch was drauf haben und spielerisch mit dem Thema Technik und Internet umgehen“, heißt es im Imagevideo des Vereins.

Zwischen Demokratie und Anarchie

Club Mate, ein stark koffeinhaltiges Getränk, scheint der Inbegriff der Hacker- Kultur zu sein: ein Club Mate, eine Idee, das Projekt kann losgehen. Laut Claus Wilcke steuert der hohe Konsum der Brause einen erheblichen Teil zur Miete bei. Zwar gibt es einen Mitgliedsbeitrag von zehn bis 20 Euro, aber die Besucher von shack sind nicht verpflichtet, Mitglied zu werden, um vom Angebot des Vereins zu profitieren. Des Weiteren finanziert sich shack über Spenden, die meist aufgrund konkreter Bedürfnisse, die via Mailverteiler kommuniziert werden, eingehen. Am wöchentlich abgehaltenen Plenum, das die Hackercommunity verwaltet, kann jeder teilnehmen, im vereinseigenen Projektwiki sind alle laufenden Projekte aufgelistet. Viele von ihnen dienen der Lösung bereits bestehender Probleme: Die technische Infrastruktur verwaltet der Verein selbst, die Eingangstür ist WLAN-gesteuert und der automatisch bewässerte Gemüsegarten, der in Pet-Flaschen angelegt ist, sorgt für ein angenehmes Raumklima. Momentan bauen die Hacker einen Kamerawagen, der mittels einer selbst programmierten Software extreme Slow-Motion-Einstellungen aufnimmt. Allwöchentlich trifft sich eine Gruppe, um sich gemeinsam auf die Amateurfunkprüfung vorzubereiten. Dazwischen erklärt jemand die Funktionsweise eines Oszillators, indem er ihn kurzerhand auf die Küchenfliesen skizziert. Manchmal fährt irgendwo ein Roboter herum, von dem keiner weiß, woher er kommt und wohin er geht. Bei all der Anarchie findet sich zu guter Letzt auch im shack ein kleines bisschen Spießbürgertum: Der Termin zur Abholung der Gelben Säcke ist mit Fußnoten versehen. (CJ)

Tüfteln bis spät in die Nacht: Im shack ist das möglich.
03.06.2011
(Ausgabe 04. Juni 2011)