"20.000 Meilen unter dem Meer" in Stuttgart

In die Tiefen der See

Im Studio Theater wird Jules Vernes Klassiker mal ganz anders interpretiert.

Willkommen im Abenteuer! „Im Jahr 1867 häufen sich Berichte über ein geheimnisvolles Unterwasserwesen, das in den Tiefen der Weltmeere sein Unwesen treibt.“ So macht das kleine, aber feine Studio Theater in der Nähe des Bopsers Lust auf eine ganz besondere neue Produktion, die am gestrigen Freitag, den 19. Oktober 2012, seine Uraufführung feierte. Eine ganze Woche lang kann sich das Publikum hier einer ganz eigenen Inszenierung von „20.000 Meilen unter dem Meer“ hingeben – auf höchst ungewöhnliche Art und Weise.

Geräusche durch Haushaltsgegenstände

„Die beiden Schauspieler Sebastian Schäfer und Uwe-Peter Spinner sprechen und spielen alle Rollen“, verrät Günter Maurer, seit 1993 freier Hörfunkregisseur und für die Inszenierung von „20.000 Meilen unter dem Meer“ verantwortlich. „Mit 80 bis 90 Geräten erzeugen diese beiden Geräusche – und zwar dauernd und sogar während des Spiels.“ Das Besondere: Statt mit herkömmlichen Instrumenten hantieren sie größtenteils mit Haushaltsgegenständen. Maurer: „Vom Handmixer bis zum Dampfbügeleisen werden Geräusche erzeugt, mit Geschirr, mit Besteck, mit Schläuchen und diversen weiteren Gerätschaften das Stück akustisch inszeniert.“

Ein Aquarium als Ozean

Eine mehr als abenteuerliche Herangehensweise, die natürlich viel vorbereitende Planung benötigt. Auch eine Woche vor der Premiere steckte das Team noch mitten in den Vorbereitungen, um Jules Vernes Klassiker packend, abwechslungsreich und vor allem einzigartig auf die Bühne zu bringen. Apropos Bühne: Zwischen den beiden Schauspielern befindet sich ein Aquarium, was laut Günter Maurer den Ozean darstellen soll. Denn hier spielt das Stück nun mal: auf und in dem riesigen, unergründlichen Ozean.

Zeitlosigkeit des Meeres

Das war bei Veröffentlichung des Romans 1869 Anlass für Faszination und wohlige Schauer – und ist es auch gut 140 Jahre später noch. Für Maurer liegt in dieser Zeitlosigkeit das wirklich Interessante. „In ‚20.000 Meilen unter dem Meer’ nimmt Verne technologische Lösungen hinweg, die erst 50 Jahre später zum Einsatz kamen“, erklärt er begeistert. In der Tat fanden Vernes Grundrisspläne und Beschreibungen des Tauchboots „Nautilus“ ein halbes Jahrhundert später Eingang in die tatsächliche U-Boot-Konstruktion. „Und dann erst die Welt der Tiefsee mit ihrer Geologie und den tierischen Bewohnern – hier dachte er sich Sachen aus, die sich erst viel später bewahrheiten sollten.“

Die beliebtesten Szenen auf einer Bühne

Mal ganz abgesehen davon, dass die Geschichte von Kapitän Nemo, seiner Nautilus und den haarsträubenden Abenteuern für den Regisseur „ein großartiger Abenteuerroman ist, der Menschen von acht bis 88 Jahren begeistert.“ Selbiges gilt für die Inszenierung im Studio Theater, die die ganze Familie anspricht und trotz drastischer Kürzung – das Original hat immerhin rund 500 Seiten – die beliebtesten Szenen auf die Bühne bringt. So auch Maurers Lieblingsszene: „Der Angriff des Polypen ist mein persönlicher Höhenpunkt. Und dafür haben wir eine sehr gute Lösung für die Bühne gefunden.“ Lassen wir uns überraschen. (BS)

Weitere Informationen: www.studiotheater.de

20.10.2012
(Ausgabe 20. Oktober 2012)