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Benzin im Blut

Sebastian Oswald studiert in Stuttgart. Seine Freizeit gehört dem Rallyesport.

Der Tag beginnt früh für den Mechaniker an der Strecke. Er muss als Erster – lange vor Sonnenaufgang – am Servicepoint sein, an dem das Auto gewartet wird, während sich das eigentliche Renngeschehen andernorts abspielt. Der Stuttgarter Student Sebastian Oswald ist einer der Frühaufsteher. Er bringt mit Heizdecken die Reifen auf Temperatur, schneidet je nach Wetterlage das Reifenprofil nach und wartet dann erst einmal auf den Wagen. Der 22-Jährige hat sich in seiner Freizeit ganz dem Rallyesport verschrieben und arbeitet als Rallyemechaniker beim Erfolgsrennstall Gassner Motorsport.
Europaweit unterwegs
Gassner Motorsport ist genau der richtige Ort für einen Mechaniker mit Benzin im Blut. Das Unternehmen baut aus Straßenfahrzeugen rennsporttaugliche Geschosse und schickt sein eigenes Team um den mehrmaligen deutschen Meister Hermann Gassner auf Rallyes in ganz Europa. Sebastian Oswald war für Gassner Motorsport in Deutschland und Österreich an der Strecke und betreute die firmeneigenen Suzuki Ignis und Mitsubishi Lancer Evo bei zahlreichen namhaften Events.
Der Mechaniker entscheidet
Während des Rennens ist bei den Mechanikern höchste Konzentration gefragt. Jetzt muss alles sehr schnell gehen. Insgesamt 15 Minuten lang darf der Wagen im Servicepoint bleiben, dann muss er wieder auf der Strecke sein. Im Idealfall werden nur die Reifen gewechselt und der Wagen gesäubert. Ist der Fahrer jedoch mit einem defekten Teil unterwegs, berät ihn der Mechaniker über Funk, ob er den Wagen schonen oder noch ausreizen soll.
Keine Zeit für Fehler
Im schlimmsten Fall geht etwas zu Bruch. Dann muss in den 15 Minuten Servicezeit auch schon mal ein ganzes Fahrwerk oder eine komplette Bremsanlage ausgewechselt werden, während die Teile noch heiß sind. Jeder Handgriff muss sitzen, denn für Fehler ist keine Zeit. Zwischen den Serviceintervallen bleiben zwei bis drei Stunden Zeit, in denen der Mechaniker noch etwas Schlaf nachholen oder essen kann.
Schrauben bis in die Nacht
Am Abend nach dem Rennen werden dann die größeren Reparaturen durchgeführt, denn am nächsten Morgen muss der Wagen wieder im bestmöglichen Zustand sein. Erst lange nach Sonnenuntergang endet der Arbeitstag des Mechanikers.
Rallyesport hautnah erleben
Das erste Mal war Oswald 2006 als Mechaniker bei einer Rallye dabei und würde trotz aller Hektik nicht tauschen wollen. Die kollegiale Rallyeszene entschädigt ihn immer wieder für seine Anstrengungen, denn die Teams helfen sich gegenseitig aus und selbst Weltmeister sind sich nicht zu schade, auf ein Schwätzchen am Servicepoint vorbeizuschauen. „Man kommt einfach an keinen anderen Motorsport so nah heran, wie an den Rallyesport. Wer will, kann sogar im Servicepoint beim Schrauben zusehen“, erzählt Oswald begeistert.
Begeisternde Fahrzeuge
Wenn er auch beim Schrauben nicht zuschauen kann, sondern selbst Hand anlegen muss, bekommt er viel von der Faszination des sportlichen Geschehens mit, das er in Anspielung auf die spektakulären Driftmanöver als „laut, dreckig und vor allem quer“ beschreibt. Andererseits begeistern ihn die Fahrzeuge mit ihrer schlichten Effizienz. „Das sind Autos, die könnte jeder so aufbauen, wie sie dastehen. Es ist nichts dran, was nicht irgendwo einen Zweck erfüllt.“
Selbst durchstarten
Sebastian Oswald möchte auch weiterhin bei möglichst vielen Rallyes dabei sein und so bald wie möglich mit seinem eigenen Mitsubishi starten, den er gerade aufbaut. (FF)

(Ausgabe März 2008)