125 Jahre Automobil: Behr

Kühler zum Erfolg

Horst Geidel, Vorsitzender des Behr-Aufsichtsrats. (Bilder: Behr GmbH & Co. KG)

Die Konkurrenz schläft nicht, heute so wenig wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit 30 Wettbewerbern teilte sich Julius Friedrich Behr den Markt um Motorkühler im Jahr 1913. Er setzte auf innovative Technologien und überzeugte damit 1910 nicht nur Carl Benz, der seinen Rennwagen mit einem Kühler der Süddeutschen Kühlerfabrik (S.K.F.) Julius Fr. Behr ausrüsten ließ. 1905 war Julius Friedrich Behr als Geschäftsführer in die Werkstatt Veigel und Zoller eingestiegen, die sich unter anderem auf den Bau von Autokühlern spezialisiert hatte und die kurz darauf in Behr & Zoller umfirmierte.Zwei Jahre später machte ihn das Ausscheiden seines Teilhabers zum alleinigen Besitzer der Firma in der Neuen Weinsteige 8, die fortan unter seinem Namen lief. Neben Benz belieferte die S.K.F 1910 weitere namhafte Kunden wie Opel, NSU und Saurer. Aufgrund der steigenden Nachfrage zog Behr 1911 nach Feuerbach ins neu gebaute Werk 1 um. Innerhalb von fünf Jahren wuchs die Mitarbeiterzahl auf 170 Angestellte und Behr konnte auf seine erste Patentanmeldung blicken. Neben der Produktion von Kühlermotoren für Automobile hatte die S.K.F bald auch Kühler für Flugzeuge, Sonderfahrzeuge und Diesellokomotiven sowie ab 1926 den Bau von Stahltüren im Sortiment. Früh zeigte sich auch das soziale Engagement für die Mitarbeiter und ihre Angehörigen. Seit 1917 organisierte Behr die Betreuung von Mitarbeiterkindern und initiierte im selben Jahr einen Fürsorgedienst. 1935 folgte die Gründung der Behr-Lehrwerkstatt.

Streben nach Innovation

Entwicklung und Forschung waren von Anfang an wichtige Bestandteile der Arbeit Julius Behrs. Auf einer Studienreise in die USA traf er 1926 Thomas Alva Edison und Henry Ford und lernte von ihnen, wie er seine Produkte und Verfahren weiter verbessern konnte. Vier Jahre später starb Julius Friedrich Behr. Eine Erbengemeinschaft führte das Unternehmen bis Behrs Sohn Manfred, mit Unterstützung seiner Mutter, die Leitung übernahm. 1934 war ein großes Jahr in der Behrschen Geschichte: Ausgestattet mit Lamellenkühlern von Behr schossen Mercedes „Silberpfeile“ bei mehreren Motorsportrennen als Sieger durchs Ziel. Die Inbetriebnahme des ersten eigenen Windkanals im Jahr 1937 war ein weiterer Meilenstein in der Unternehmensgeschichte, der Untersuchungen zu Motorkühlungen ohne aufwändige Testfahrten ermöglichte. Wie alle anderen Betriebe passte auch die S.K.F. ihre Produktion der besonderen Nachfrage des Zweiten Weltkriegs an. Ab 1939 fertigte das Unternehmen vorwiegend Kühler für Flugzeuge, Halbkettenfahrzeuge und Panzer, unter anderem erstmals solche aus Aluminium. 1942 änderte sich die Unternehmensform und damit der Name in Süddeutsche Kühlerfabrik Julius Fr. Behr KG. Manfred Behr stieg zum geschäftsführenden Gesellschafter auf. Zur Wiedergutmachung der Beschäftigung von Zwangsarbeitern während des Krieges engagierte sich Behr im Jahr 2000 in der Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“.

Nationales und internationales Wachstum

Nach Kriegsende bestritt Behr das Geschäft mit der Reparatur von Kühlern und tauschte aus Restbeständen hergestellte Haushaltswaren aus Aluminium gegen Karbid und Koks, um mithilfe eines eigenen kleinen Gaswerks die Gasrationierungen zu kompensieren. So konnten die wiedererwachende Nachfrage befriedigt und die Produktion aufrecht erhalten werden. Die Serienproduktion der Kühler startete 1948 erneut. Daneben brachte das Unternehmen im selben Jahr die „Golfstromheizung“ auf den Markt, bei der die beim Kühlen entstehende Wärme den Fahrzeuginnenraums beheizt. 1957 verband Behr mit dem Bau des ersten serienmäßigen PKW-Vollklimageräts diese beiden Entwicklungen. Ab 1951 wagte Behr den Sprung ins Ausland. Mit einem indischen Unternehmen schloss die Stuttgarter Firma einen Lizenzvertrag, 1969 folgt die Gründung von Standorten in den USA und Frankreich. In den folgenden Jahren kamen weitere Auslandsdependancen hinzu.

Konzentration der Kompetenz

Doch auch in Deutschland eröffnete Behr neue Werke, Entwicklungszentren und Verwaltungsgebäude. So gelang es dem Unternehmen, seine herausragende Stellung im Bereich Fahrzeugklimatisierung und Motorkühlung weiter auszubauen. 1967 wandelte sich die Kommanditgesellschaft zu einer GmbH & Co. KG und 1990 wurde im Zuge einer Umstrukturierung aus der Süddeutschen Kühlerfabrik Julius Fr. Behr GmbH & Co. KG die Behr GmbH & Co. Gleichfalls im Jahr 1990 wurden alle Bereiche ausgegliedert, die nicht im Zusammenhang mit den Kerngeschäftsfeldern Personen- und Nutzkraftwagen standen. Unterschiedliche Sektoren sollten die bestmögliche Bedienung erfahren. Seit 2004 lief diese Tochtergesellschaft unter dem Namen Behr Industry. Rückläufige Zahlen im Fahrzeugmarkt in Folge der weltweiten Wirtschaftskrise bedingten 2009 tiefgehende Einschnitte an einigen Produktionsstandorten. Mithilfe umfassender Maßnahmen vonseiten des Unternehmens und dank der wiedererstarkenden Wirtschaftslage konnten betriebsbedingte Kündigungen weitgehend vermieden werden. Im Februar 2010 gingen 60 Prozent von Behr Industry in den Besitz der Mahle GmbH über. Der vom Zusammenschluss betroffene Geschäftsbereich heißt nun Mahle Behr Industry. Ende Juli 2010 folgte die Einigung zwischen den beiden Stuttgarter Automobilzulieferern zur Übernahme von Gesellschaftsanteilen von Mahle an Behr. Im Oktober 2010 übernahm Mahle 19,9 Prozent, Anfang 2011 erhöhte sich die Beteiligung auf 36,85 Prozent. Von 2013 an hat Mahle die Möglichkeit, weitere Anteile zu kaufen und damit die Mehrheit an der Behr GmbH & Co. KG zu erhalten. Die Produktportfolios der beiden Konzerne ergänzen sich so gut, dass sowohl Mahle als auch Behr erheblich von einer Zusammenarbeit profitieren würden. Horst Geidel, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Behr, sieht das ebenso: „Beide Unternehmen bündeln ihre Stärken und festigen ihre Position in der Gruppe der weltweit führenden Automobilzulieferer.“ (CJ)
Fakten
Gründungsjahr: 1905
Gründer: Julius Friedrich Behr
Zentrale: Stuttgart
Mitarbeiterzahl 2009 in Stuttgart: 4.300
Mitarbeiterzahl 2009 weltweit: 17.071
Umsatz 2009: 2,468 Milliarden Euro
Geschäftsfelder: Thermomanagement von Fahrzeugen, Klimatisierung und Batteriekühlung
Marken: Behr
Internet: www.behr.de

Bodenverlöten an Flugzeugkühlern im Werk 1 (Feuerbach), 1938 Aufnahmejahr: 1938
1937 baut Behr den ersten eigenen Windkanal. Ein Jahr später werden dort Kühlleistungsmessungen für die legendären "Silberpfeile" von Mercedes durchgeführt. Aufnahmejahr: 1938
19.02.2011
(Ausgabe 19. Februar 2011)