Stuttgart-Info
Neuer Funsport-Trend
Mit Balance zum Erfolg
Was auf den ersten Blick aussieht wie ein überlanger LKW-Spanngurt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als raffiniertes Sportgerät. Die knallgelben Gibbon Slacklines bestehen aus einem leicht dehnbaren Gewebeschlauch und einer großen Ratsche, mit der man sie im Handumdrehen stramm ziehen kann. Mit wenigen Handgriffen hat man eine Art elastisches und vor allem begehbares Hochseil aufgebaut.
Gefragte Newcomer
Das Konzept kommt offenbar gut an. Seit der Firmengründung im August 2007 wurden bereits 40.000 der gelben Seile aus Stuttgart verkauft. Gibbon Slacklines gilt außerdem als eine der Top 10 Newcomer Brands, und Meinungsforscher prophezeien dem Sportgerät in naher Zukunft „riesige Absatzzahlen, vergleichbar mit Nordic Walking Stöcken“.
Robert Käding, Entwickler der Gibbon Slacklines, sieht den Reiz des Spannseilsports in der ständigen Herausforderung: Hat man gelernt, darauf zu stehen, möchte man gehen. Kann man das Seil entlanggehen, fragt man sich, wie hoch man darauf springen kann und hat man das endlich gemeistert, fragt man sich, wie oft es wohl klappt. Wenn der Umgang mit der Leine dann schließlich funktioniert, kann man sie immer noch länger und höher aufspannen – so genannte Longlines überbrücken sogar bis zu 100 Meter.
Spiel mit der Schwerkraft
Wie seinerzeit die Skater, entwickeln auch die Slackliner immer neue Tricks für ihr Sportgerät: vom einfachen Aufspringen, bis hin zum Salto mit Landung auf der Leine. „Es ist immer ein Spiel mit der Schwerkraft“, fasst Käding zusammen, „und man versucht, zu gewinnen“. Mit dem altbekannten Seiltanz, der mit vergleichsweise starren und dünnen Seilen arbeitet, ist Slacklining daher auch nur bedingt vergleichbar.
Überall Fixpunkte
Der Sport ist vor allem deshalb neu, weil man die Slackline überall aufspannen kann, wo zwei stabile Fixpunkte vorhanden sind. Käding und sein Club demonstrierten dies jüngst eindrucksvoll mit einer Aktion, bei der die Lines mitten in der Stuttgarter Innenstadt an Masten, Geländern und Gebäuden aufgespannt wurden. „Man beginnt, überall um sich herum Fixpunkte zu sehen und bekommt dadurch einen ganz anderen Blick für seine Umgebung“, schwärmt der Slackliner.
Respekt vor der Umgebung
Respekt vor eben dieser Umgebung ist ein festes Prinzip in der Slackline-Gemeinde. Schließlich will man die Bäume mit seinem Seil nicht verletzen und auch sonst nichts beschädigen. Robert Kädings Jungle Riders Club kommentiert diesen Vorsatz augenzwinkernd mit seinen Baumrätseln, bei denen die Slackliner auf Treffen beweisen können, dass sie wissen, woran sie gerade ihr Seil verzurrt haben.
Für jeden etwas
Um die Schwerkraft – gemäß dem Motto der Slackliner eine Angewohnheit, die sich nur schwer abschütteln lässt – herauszufordern, muss man laut Käding keine besonderen Voraussetzungen mitbringen. So finden sich unter den Stuttgarter Slacklinern auch Sportler mit den verschiedensten Hintergründen, von der Turnerin bis hin zum Bergsteiger.
Feintuning am Bewegungsapparat
Die körperlichen Fähigkeiten, die man für den Balanceakt auf dem Seil braucht, sind beim Menschen noch aus grauer Vorzeit vorhanden. Das Balancieren auf dem Seil reaktiviert Stück für Stück Muskelgruppen und Nervenverbindungen, deren Bedienung der Homo Sapiens durch die viele Fortbewegung in der Ebene schlicht verlernt hat. Dieses „Feintuning“ am Bewegungsapparat macht das Seil auch für Sporttrainer und Physiotherapeuten interessant. Überall, wo Gleichgewicht und Koordination gefragt sind, ist der Spannseilakt eine beliebte Trainingsergänzung.
Teil einer Bewegung
Käding möchte, dass Slacklining eines Tages den gleichen Kultstatus einnimmt wie Skateboarden oder Parkour. Die Seile von Gibbon sind absichtlich sehr einfach aufgebaut, damit auch Einsteiger sich nicht überfordert fühlen. Die junge Firma, die mittlerweile 8 Mitarbeiter beschäftigt, sieht sich dabei selbst als Teil der Slackline-Bewegung. Gibbon Slacklines organisiert deshalb an Treffen und Wettbewerben mit, auf denen Slackliner persönlich mit den Entwicklern sprechen und von ihnen lernen können.
(FF)