Chrorleitertreffen in Stuttgart

Herrscher der Stimmgabeln

Publikum und Presse bescheinigen dem Leipziger Kammerchor Josquin des Préz bemerkenswerte musikalische Einfühlsamkeit und Stilsicherheit.

Chormusik hat in Stuttgart eine lange Tradition. Nicht zuletzt durch den im Jahre 1824 gegründeten Stuttgarter Liederkranz, der zu den ersten Gesangsvereinen Deutschlands zählt, hat Stuttgart für Freunde der Chormusik viel zu bieten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gründeten sich viele Gesangsvereine in Stuttgart, in denen sich auch heute noch zahlreiche Sangeslustige regelmäßig zum Musizieren treffen. Aktuell zählt die Landeshauptstadt weit über 60 Gesangsvereine und Chöre und macht den Kessel zu einem traditionsreichen, chormusikalischen Ort, an dem das nationale Chorleitertreffen des Vereins Arbeitskreis Musik in der Jugend (AMJ) zum ersten Mal stattfindet.

80 Chorleiter treffen sich in Stuttgart

Austragungsstätte ist das Gemeindehaus der evangelischen Gedächtniskirche. Hier widmen sich drei Tage lang, vom 27. bis 29. Januar 2012, insgesamt 80 Chorleiter aus der ganzen Bundesrepublik der zeitgenössischen Chormusik. Auch fünf Stuttgarter Chorleiter finden sich unter den Teilnehmern. Darunter Alexander Burda, der dieses Treffen nach Stuttgart holte. Alexander Burda studierte an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart Schul- und Kirchenmusik, ist heute vielseitig im Chorwesen der Region unterwegs und leitet unter anderem den Figuralchor der Gedächtniskirche Stuttgart.

Komponisten bringen Chorleitern ihre Werke näher

Veranstalter des nationalen Chorleitertreffens ist der Verein AMJ, ein Chorverband für Kinder- und Jugendchöre, Schul- und Hochschulchöre sowie für Erwachsenenchöre. „Das Nationale Chorleitertreffen findet seit 1996 im jährlichen Turnus statt“, erklärt Lydia Betker vom Verein AMJ. Das Treffen ist offen für Chorleiter aus ganz Deutschland. Im Rahmen dieser Großveranstaltung lädt der Verein Komponisten aus dem In- und Ausland ein, ihre Werke den Teilnehmenden selbst näherzubringen.

Dänische und ungarische Chormusik auf dem Programm

Der Verein führt jährlich über 150 Kurse zur Weiterbildung durch. Das Thema des diesjährigen nationalen Chorleitertreffens ist die dänische und die ungarische Chormusik. „Durch das praktische Erproben der Stücke soll zwischen den Leitern ein persönlicher Austausch stattfinden und die zeitgenössische Chormusik in ihrer Vielfalt erlebbar gemacht werden“, betont Lydia Betker.

Werke aus erster Hand kennenlernen

Die Teilnehmer werden aber nicht nur als Arbeitschor praktisch tätig sein, sie erfahren zugleich etwas über Entstehung und Geschichte der Werke: Der dänische Komponist John Høybye wird persönlich seine Chorkompositionen vorstellen. Den zweiten Themenblock gestaltet die ungarische Chorleiterin Éva Kóllar. Éva Kóllar arbeitet an der Franz Liszt Musikakademie in Budapest und ist Vorsitzende der akademischen Chorleiterausbildung Ungarns. In ihrem Workshop stellt sie den Teilnehmern die neuesten ungarischen Chorkompositionen vor und gibt einen Überblick über junge ungarische Komponisten.

John Høybye stellt seine Werke vor

Ungarns geistliche Chormusik des 20. Jahrhunderts ist breit gefächert. Sie ist geprägt vom romantischen Erbe eines eigenständigen ungarischen Vokalstils, der durch die geistlichen und die weltlichen Vokalwerke Béla Bartóks, Zoltán Kodálys und Lajos Bárdos international bekannt wurde. Die Werke John Høybyes stellt der dänische Komponist in den Workshops des Chorleitertreffens selbst vor. John Høybye schrieb neben Kompositionen für Erwachsene auch Werke für Kinder- und Jugendchöre. In seinen Werken kombiniert er klassischen Chorklang mit Gospel- und Jazzmusik.

Konzert mit dem Kammerchor Josquin des Préz

Wie dies klingt, dürfen nicht nur die Teilnehmer des nationalen Chorleitertreffens erfahren. Werke des Komponisten John Høybye werden auch in einem Konzert zu hören sein. Anlässlich des Treffens findet in der evangelischen Gedächtniskirche am 28. Januar 2012 ein Konzert mit dem Kammerchor Josquin des Préz aus Leipzig statt. Bekannt sein dürfte der Chor einigen Zuhörern durch die weltweit einzigartige Gesamtaufführung des Werkes Josquin de Préz (1450-1521). Dieses Projekt startete 2004 und umfasst einen Konzertzyklus von 32 Konzerten. Josquin des Prézs Gesamtwerk umfasst 18 Messen, 60 Motetten und 60 Chansons. Vom Gesamtwerk wurden mittlerweile knapp über 20 Konzerte gegeben.

Geistliche und weltliche Vokalmusik aus verschiedenen Epochen

Zeit seines Lebens wirkte Josquin des Préz als Sänger, Kantor und Komponist in den Musikzentren Europas und war, wie man heute sagen würde, ein Star – sozusagen ein Johann Sebastian Bach seiner Zeit. Werke des Komponisten Josquin des Préz präsentiert der Leipziger Kammerchor bei seinem Konzert in Stuttgart unter der Leitung von Ludwig Böhme. Doch auch Kompositionen von Johannes Brahms, Robert Schumann, des dänischen Komponisten John Høybye und ungarische Chorwerke werden zu hören sein. Ein Programm also, das den Bogen der geistlichen und weltlichen Vokalmusik von der Renaissance über das Zeitalter des Barocks und der Romantik bis in die Gegenwart spannt. (JB)
Tickets für das Konzert am 28. Januar 2012 gibt es an der Abendkasse für 10 Euro.
Weitere Informationen: www.amj-musik.de

28.01.2012
(Ausgabe 28. Januar 2012)