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150 Jahre Börse Stuttgart
Jubiläum an der Börse
Christoph Lammersdorf, Vorsitzender der Geschäftsführung der Boerse Stuttgart Holding GmbH. (Bilder: Gruppe Stuttgart Börse)
150 Jahre ist es her, dass sich einige Stuttgarter Händler und Unternehmer zusammentaten und am 11. Februar 1861 den „Stuttgarter Börsenverein“ gründeten, den Vorgänger des heute im Königsbau residierenden Handelsplatzes. In der Stuttgarter Börse des 19. Jahrhunderts ging es anders zu als heute: Die Börsensitzungen wurden durch ein Glockenläuten um 2 Uhr eröffnet und ebenso nach einstündigem Handel wieder beendet. Gehandelt wurde hauptsächlich mit Baumwolle, Farbwaren und Chemikalien. Heute ist das selbstverständlich anders. Viele kennen die Bilder aus dem Film „Wall Street“ oder die Fernsehberichte von aufgeregt durcheinander brüllenden Hemdträgern auf blankem, mit weggeworfenen Zetteln gepflastertem Parkettboden. Solche Bilder sucht man in der Schwabenhauptstadt vergebens. Hier wird auf Teppichboden gehandelt. Und auch das wilde Gestikulieren aus dem Film ist längst der digitalen Revolution gewichen. Stattdessen handeln die 80 „Börsianer“ an rund 400 Bildschirmen, auf denen stets die aktuellsten Trends abzulesen sind. Kaum zu glauben, dass hier im Jahr Werte von über 100 Milliarden Euro gehandelt werden.
Stuttgart: Die Privatkunden im Mittelpunkt
Einer der Gründe, warum sich die Stuttgarter über ihren Finanzpalast freuen können: Gerade für Privatleute sind hier die Bedingungen optimal. Oder, um es anders auszudrücken: Das ganz große Geschäft mit den multinationalen Unternehmen kann man in Frankfurt besser – dafür ist man in Stuttgart Profi im Geschäft mit dem einzelnen Kunden. Ein Beispiel dafür ist die Tatsache, dass bei Meldungen und Ankündigungen auf der Homepage der Börse stets Wert darauf gelegt wird, die verschiedenen Funktionsmechanismen des Aktien-, Wertpapier und Devisenmarktes auch für Einsteiger verständlich zu erklären.Was macht eine Börse eigentlich?
Von Börsen, Aktienhandel und Kurswerten hört man heutzutage ständig. Doch was genau ist eigentlich die Aufgabe einer Börse? Man kann sie sich als organisierten Markt vorstellen, an dem Angebot und Nachfrage für Wertpapiere zusammengeführt werden. Die Besonderheit zum klassischen und seit Jahrtausenden bekannten Markt liegt darin, dass man die Waren, mit denen gehandelt wird, nicht sieht, sondern nur deren aktuelle Preise: den Börsenkurs. Kaufen viele Leute gleichzeitig eine Aktie, wird diese teurer, kaufen weniger, sinkt der Kurs. Und weil niemand mit Sicherheit vorhersagen kann, welche Aktie in Zukunft wie beliebt sein wird, kann man an der Börse sehr schnell viel Geld verdienen – oder eben verlieren.Marktplatz und Vermittler
Die Börse bietet also den Marktplatz, an dem sich Sparer und Investoren (die Kapitalgeber) an der wirtschaftlichen Entwicklung von Unternehmen beteiligen und an den Unternehmen (die Kapitalnehmer) ihre Geldgeber finden. Ohne diese „Vermittlungsstelle“ müssten beide Gruppen direkt miteinander verhandeln – und das wäre, gerade wenn man die vielen Privatleute betrachtet, die seit einigen Jahren bei diesem Handel mitmischen, ein enormer Aufwand für alle Beteiligten. Während die Unternehmen und der Staat oft langfristig große Summen von Kapital nachfragen, wollen viele Sparer und Investoren eher kurzfristig geringe Summen anbieten. Die Börse versucht also, die goldene Mitte zwischen den Interessen dieser beiden Gruppen zu finden.Wichtiger als Wien, Warschau und Budapest
Die wichtigste Börse Deutschlands ist die in Frankfurt – direkt gefolgt von den Stuttgartern. Hier kann man voller Stolz sagen, eine der zehn größten und wichtigsten Handelsplätze in ganz Europa zu sein. An einigen Tagen kratzt das Volumen der hier gehandelten Waren schon an der magischen 1-Milliarden-Euro- Grenze, im Durchschnitt erreicht es etwa 700 bis 800 Millionen. Damit entfällt ein Drittel des deutschen Parketthandels auf Stuttgart, welcher sogar Börsenstandorte wie Wien, Budapest und Warschau hinter sich lässt.Maßgebend für den Finanzstandort Stuttgart
Für die Stadt selber ist der Handelspalast im Königsbau äußerst wichtig. Nicht umsonst hat die Stuttgarter Börse direkt gegenüber von Schlossplatz und Neuem Schloss einen der exklusivsten Firmensitze in ganz Baden-Württemberg. Die Börse Stuttgart ist außerdem die führende europäische Börsenorganisation für private Anleger und trägt damit im großen Umfang zur Bedeutung des Finanzstandorts Stuttgart bei.Erfolgsgeschichte geht weiter Mit dem Konzept, Privatkunden einen einfachen Einstieg und eine unkomplizierte Betreuung zu bieten hat sich die Börse Stuttgart von einem Zusammenschluss einiger schwäbischer Händler zu einem der wichtigsten Finanzzentren des Kontinents entwickelt. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, wieso diese Entwicklung zum Ende kommen sollte. Die nächsten 150 Jahre können also kommen. (KFF)
Bei der Börse Stuttgart arbeiten 80 Mitarbeiter an 400 Bildschirmen.
26.02.2011
(Ausgabe 26. Februar 2011)