April-Kolumne Klaus Birk

Alles super alles Stuttgart: Montagsfreuden

Klaus Birk, Kabarettist

Es ist Frühling, es ist Stuttgart, es ist wunderbar. Unsere Landeshauptstadt ist eine der beliebtesten Städtinnen der gebündelten Republik und lorbeert auf einem Podestplatz der deutschen Wohlfühl-Meisterschaft.
Warum wird Stuttgart so geschätzt verehrt? Ganz einfach, grün von grundauf bis ins Heim der städtischen Räte, blüht in der Stadt alles, was Knospen durch Tag und Nacht treiben kann.
Da küssen dich die Musen in den Tempeln der Porschen und Merceden, Kultur tanzt durch Opern und Galerien, da wird gejazzt, gemusicalt, gekabarettelt, gegoscht und gemaultascht was der Spatz in der Hand vom Dach pfeifft.
Da lachen Elefanten, brüllen Tiger, eisen kleine Bären und giraffen Affen. Da mappust der Ministerpräsident, da pumpt der VfB den Ball ins Spiel und über allem sternt das Gute in pferdigem Schein.
Und montags, im Glanze der schwindenden Sonne, tanzen, singen und winken Menschen aus aller Welt durch Straßen und Gassen. Treffen sich zum Feinstaub-wandern, tragen bunte, bemalte Tüchlein und Bändchen mit sich, mit Gedichten und netten Sprüchen, um Freude zu schenken all jenen, die einen Bahnhof über der Erde wollen. Hier begegnen sich Freunde zum Wohle der Stadt.
Ja, ein wöchentlicher DEMOntag stärkt die Gesundheit, heilt den Frust, und hat schon den gemauerten Osten mit Gesang und Tanz in den reisenden Westen getragen. „Gutgelaunt für Bess’res wandern, hilft den Kindern und den andern.“ Hier treffen sich Freudenspender und Glücksbeglücker zu fröhlichem Gespräch. Die einen wollen die Tiefen der Erde gezügelt verschnellern, die Stunden der Fahrt verkürzen, um so mehr Zeit für die Lieben und Kinder daheim zu schaffen.
Die anderen wollen dem Nachwuchs eine Zukunft schenken. Eine, in der die geliebten Kleinen das Wort auch lesen können. Mehr Bildung darf blühen, mehr Lehrer sollen in Schulen gepfl anzt werden. Dafür überirdisch Geld zu sparen, ist Ziel und Hoffen der Verkünder.
Womit wir bei der nächsten Attraktion dieser Stadt, des ganzes Landes, wären: „Dem Spaspie, dem großen Spiel des edlen Sparens.“ Alle dürfen mitmachen und ettliche sind dabei. Und so geht es: Man sucht etwas, das man bauen, produzieren oder kaufen kann; plant es durch und macht es nicht. Das Geld, was dabei gespart wird, kann dann für etwas Gutes zum Wohle aller ausgegeben werden.
Höchste Wonnen bereitet das Spiel, wenn kein Geld da ist, für’s Bauen, Kaufen, Produzieren. Man plant trotzdem und baut es wieder nicht. Das Geld, was da gespart wird, bekommen dann die Schulen. Und weil Geld, das nicht da ist, immer noch nicht da ist, wenn man es spart, weil man nichts gebaut hat, darf man dann Schulden machen, um überhaupt was sparen zu können. Erst wenn jetzt nichts gebaut wird, wofür die Schulden gemacht wurden, können die Öre gespart werden, die für etwas schönes anderes verwendet werden können. Das Wunderbare an dem Spiel ist, daß die Eltern Geld ausgeben dürfen und die Kinder alles bezahlen. Damit die Kinder später nicht zu viel bezahlen müssen, bekommen die Eltern weniger Kinder. Sind erst mal keine Kinder mehr da, braucht auch niemand mehr die Schulden zu bezahlen. Und das ist das beste an diesem Spiel, du kannst Schulden machen so viel du willst für deine Kinder, die du nicht mehr bekommst.
Schon gibt es die welche, die spielen wieder nach den alten Regeln. Da zahlst du deine Schulden selbst zurück. Du kannst auch später zahlen. Im nächsten oder weiteren Leben. Okay, du kannst dich oft an die Schulden nicht mehr erinnern und zahlst trotzdem. Andererseits bekommst du auch öfters was Wunderschönes, mit dem du nicht gerechnet hast, weil Du dir was angespart hast.
So tanzen wir heute des montags durch den Frühling, tanzen durch eine wunderschöne Stadt mit wunderbaren Menschen, und genießen das Spiel, in dem wir uns heute so unglaublich freuen können, über das, was wir uns in der Vergangenheit gespart haben.
Und oben auf dem Bahnhofsurm, unter dem gedrehten Stern, tanzt ein Huzelmännchen, lacht und singt: „Ach wie gut, daß niemand weiß, dass ich in Wahrheit Karma heiß.“

03.04.2010
(Ausgabe April 2010)