ZU GUTER LETZT  

Alles super, alles Stuttgart: Voll der Hase

Klaus Birk, Kabarettist

Und da legt er uns wieder Eier in die Stadt, der Schnäppchen-Harvey, unsichtbar, cross, gebordert und geleast. Gebündelt, gebundlet und gebankelt.

Was man zur Zeit wieder alles den Hasen geben kann, ist schon erstaunlich. Und keiner weiß, wo er im Pfeffer liegt. Egal. Hauptsache der Fuchs sagt ihm jetzt gute Nacht. Dem alten Hasen. Denn: Neue Eier sucht das Land.

Da wird mit Geld nach Banken geworfen, da werden Wasserleitungen zurückgekauft, abgewrackte Prämien für Auslaufmodelle bezahlt und Pläne geschmiedet, wie man Kohle auf Schienen unter die Erde bringen kann. Die einen wollen die Uhr vor die Krise drehen. Verträge rückgängig machen und nachträglich von Anfang an nicht mehr dran Schuld sein. Die anderen heulen sich global die Welt schlecht, hoffen auf den Untergang oder gespritzte Finanzen und warten auf erneuerbare Wirtschaftswunder. Erkenntnis haut breite Schneisen in gesättigte Zufriedenheit und gibt die Sicht frei auf sündenbockstarke Zockerwiesen. Da wurde gewettet, gebörst, gepokert und verlacht. Verhökert, verkauft, verschoben und verladen, gedealt, geschachert und gecasht.

Und jetzt? Steht der große Hase vor der Tür und fragt: „Wer zahlt? Zusammen oder getrennt?“ Und die meisten drehen sich weg. Hüsteln sich aus dem Fenster in eine heile Welt, warten auf den börsengemanagten Erlösungsbezahler und wenn der einen dann daneben gerettet hat, die Landschaften in China blühen lässt und nicht in der Ockermark, suchen sie sich den nächsten Schuldigen: Die Kanzleuse, den Miniprä, den Bundesköhlmann oder die Mega- Mänätscher, den Ratzfatzinger und den abgebushten USA-Präsi, die Selbstluftsprenger und Groß- Konzernanten.

Die alle sind dran schuld. Nur „wir können nix dafür.“ Sind geopfert den anderen Umständen auf dem Altar der globalen Machtlosigkeit. Was sollen wir als Einzelne auch tun? Wir gucken Bier und trinken fernsehen.

Als die Mänätscher sich vom Boot gesegelt haben, die Ratten singend abgeschifft sind und das ausgebootete Volk die Zeche zahlte, wachten wir kurze Zeit aus dem Taumel auf und forderten das Große-Köpfe-Roll-Kommando. Klaus Birk, Kabarettist Und dazu warben uns die Medien in den Untergang und die Apostel der unentwegten Geldvermehrung sangen uns das Lied vom Tod des gas-gerussten Kaviars.

Die Natur steht Kopf, Millionen hungern und wir fühlen uns ungerecht behandelt. Es muss etwas passieren. So fordern wir die Sportschau im Fri-Ti-Wi und Freibier beim Public Viewing samt Röhrchenurlaub im Sangriafass. Den Rucksack gefüllt mit „geilem Geiz“ lemmingen wir weiter dem Geld hinterher und lassen rechts und links die Alten und Kinder liegen. Und können noch immer alles, außer was dafür.

Gut, da gibt es welche, die sich engagieren, die verändern, helfen, heilen. Die Belachten, Verspotteten, Belächelten. Die von oben begrinsten. Die Un-scheinbaren. Die nur der Oma über die Straße helfen, dem Vater die Suppe in den Mund löffeln, die in Schulen gehen und mit Kindern lernen, reden, spielen. Die zuhören und auch mal in den Arm nehmen. Die in der Krise noch das Gute sehen. Die Weltfremden, die Unverbesserlichen, die auf eine gerechtere Welt hoffen. Die bescheuert genug sind und an das Gute im Menschen glauben. Davon überzeugt, Mensch sein bedeutet: Verantwortung zu übernehmen und zu lieben was ist. Die Ruf und Job aufs Spiel setzen, um sich friedvoll zu wehren. Die nicht für jedes verschenkte Butterbrot einen Nobelpreis wollen, denen Bangemachen nichts gilt, die unbeirrt Windeln wechseln für umme und die den Sterbenden Ohr und gemeinsame Stille sind. Denen globale Argumente am Arm vorbei gehen und die lieber vor der eigenen Tür kehren, als in China Schuhe nähen zu lassen. Die Osterhasen eben, die Eier ausbrüten, die keiner anmalen will.

Frohe Ostern, euch Unermüdlichen. Und Danke. Ihr kleinen Lichter, die ihr hinausleuchtet aus dem medial aufgeblasenen Frustgeheuchel und die ihr unseren Ururenkeln zeigt, dass es auch in dieser benebelten Zeit weiße Osterhasen gab.

(Kolumne Klaus Birk, Ausgabe April 2009)