KULTIVIERT
Große Gefühle
Helene Schneiderman als Medea in Händels "Teseo". (Bilder: Martin Sigmund)
Schneiderman liebt ausdrucksstarke Figuren.
Wir treffen Helene Schneiderman zwei Tage nach der Premiere von Händels „Teseo“ im Stuttgarter Opernhaus. Auf der Bühne spielt sie die zornige Medea, im Gespräch ist sie äußerst liebenswürdig.
GOOD NEWS: Frau Schneiderman, muss man sich vor Ihnen fürchten?
Helene Schneiderman: Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich bin sehr harmlos.
GOOD NEWS: In Händels „Teseo“ spielen Sie die Medea, eine Frau voll Zorn und Wut. Mit Medea sollte man sich nicht anlegen, ihre Rache ist unerbittlich ...
Helene Schneiderman: Das ist richtig, aber sie kann auch lachen. Ich denke, Händels Musik, insbesondere seine Kolloraturen, geben dem Stück und dieser tragischen Figur auch etwas durchaus Leichtes.
GOOD NEWS: In „Teseo“ geht es um Liebe und Eifersucht, um Macht und Unterdrückung. Sie spielen all diese Aspekte gesanglich darstellerisch sehr eindrucksvoll aus.
Helene Schneiderman: Ja, es ist außerordentlich spannend, ausdrucksstarke Figuren mit unterschiedlichen Gefühlslagen zu spielen. Medea ist so eine Figur. Sie liebt und hasst und sie lebt diesen Regenbogen von Gefühlen voll aus.
GOOD NEWS: Das Premierenpublikum war jedenfalls von der Inszenierung begeistert. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie von so viel Ovationen überschüttet werden?
Helene Schneiderman: Man nimmt das in diesem Moment gar nicht so wahr. Ich glaube, dass ich das erst drei, vier Tage später realisiere. Und natürlich hört die Arbeit an der Rolle und am Stück auch nach der Premiere nicht auf.
GOOD NEWS: Das heißt, die Proben gehen nach der Premiere weiter?
Helene Schneiderman: Nein, es gibt keine Ensembleproben mehr, aber jeder arbeitet an sich, um die Rolle gesanglich und darstellerisch noch zu verfeinern. Das ist wie mit einer guten Tomatensoße – die wird von Tag zu Tag besser, weil sie erst dann ihren Geschmack richtig entfaltet. Zudem erarbeiten wir eine CD-Aufnahme des „Teseo“, die im Oktober im Carus Verlag erscheinen wird.
GOOD NEWS: Sie haben vor einigen Jahren in der Händel-Oper „Alcina“ in Stuttgart den Bradamante gesungen, also eigentlich eine Männerrolle. Diesmal in „Teseo“ also die Medea. Mit welcher Figur konnten Sie sich besser anfreunden?
Helene Schneiderman: Bei „Alcina“ war es etwas komplizierter. Denn Bradamante ist eine Frau, die sich in dem Stück als Mann verkleidet hat. Das hatte natürlich einen besonderen Reiz, weil ich die Darstellung verschiedener Geschlechterrollen sehr interessant finde. Medea wiederum ist eine Frau, die eine Frau ist. Aber sie ist eben eine Hexe, die zu allem fähig ist. Das heißt für mich wiederum, dass ich sehr viele Freiheiten habe, diese Rolle auszuschmücken. Wenn man sich traut, kann man dabei eigentlich nichts falsch machen.
GOOD NEWS: Sie sind Anfang der 1980er-Jahre von Amerika nach Deutschland gekommen. Seit 1984 sind Sie Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart. Wussten Sie damals schon, dass Sie gekommen sind, um so lange zu bleiben?
Helene Schneiderman: Nein, gar nicht. Ich bin nur schweren Herzens von meiner Familie weggegangen und hatte anfangs oft Heimweh. Aber ich wollte unbedingt nach Deutschland, um zu sehen, ob ich gut genug bin. Ich bekam einen Zweijahresvertrag in Heidelberg und ging dann zum Vorsingen nach Stuttgart. Mittlerweile bin ich 25 Jahre hier, und Stuttgart ist meine zweite Heimat geworden.
GOOD NEWS: Das Stuttgarter Opernpublikum gilt als kritisch, aber auch begeisterungsfähig. Gibt es eine Aufführung in Ihrer Zeit in Stuttgart, bei Sie gemerkt haben, jetzt ist der Funke übergesprungen?
Helene Schneiderman: Ja, es gab tatsächlich ein sehr schönes Erlebnis, an das ich mich gerne erinnere: Bei einer der Proben zu Gioacchino Rossinis „La Cenerentola“ in Stuttgart hat mir das Orchester applaudiert. Eine Kollegin hat mir danach erklärt, dass das wirklich etwas ganz Besonderes sei.
GOOD NEWS: Sie sind von Stuttgart aus in aller Welt unterwegs – von San Francisco über New York nach Mailand. Wie wichtig ist für Sie das Ensemble oder die Atmosphäre des Stuttgarter Opernhauses?
Helene Schneiderman: Sehr wichtig. Natürlich gibt es Solisten, die die Nähe zu den Kollegen nicht brauchen. Ich brauche sie. Für mich ist das Ensemble schon eine Art Familie, in der man groß wird und irgendwann die jüngere Generation nachwächst.
GOOD NEWS: Frau Schneiderman, wir bedanken uns ganz herzlich für das Gespräch. (RC)
GOOD NEWS: Frau Schneiderman, muss man sich vor Ihnen fürchten?
Helene Schneiderman: Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich bin sehr harmlos.
GOOD NEWS: In Händels „Teseo“ spielen Sie die Medea, eine Frau voll Zorn und Wut. Mit Medea sollte man sich nicht anlegen, ihre Rache ist unerbittlich ...
Helene Schneiderman: Das ist richtig, aber sie kann auch lachen. Ich denke, Händels Musik, insbesondere seine Kolloraturen, geben dem Stück und dieser tragischen Figur auch etwas durchaus Leichtes.
GOOD NEWS: In „Teseo“ geht es um Liebe und Eifersucht, um Macht und Unterdrückung. Sie spielen all diese Aspekte gesanglich darstellerisch sehr eindrucksvoll aus.
Helene Schneiderman: Ja, es ist außerordentlich spannend, ausdrucksstarke Figuren mit unterschiedlichen Gefühlslagen zu spielen. Medea ist so eine Figur. Sie liebt und hasst und sie lebt diesen Regenbogen von Gefühlen voll aus.
GOOD NEWS: Das Premierenpublikum war jedenfalls von der Inszenierung begeistert. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie von so viel Ovationen überschüttet werden?
Helene Schneiderman: Man nimmt das in diesem Moment gar nicht so wahr. Ich glaube, dass ich das erst drei, vier Tage später realisiere. Und natürlich hört die Arbeit an der Rolle und am Stück auch nach der Premiere nicht auf.
GOOD NEWS: Das heißt, die Proben gehen nach der Premiere weiter?
Helene Schneiderman: Nein, es gibt keine Ensembleproben mehr, aber jeder arbeitet an sich, um die Rolle gesanglich und darstellerisch noch zu verfeinern. Das ist wie mit einer guten Tomatensoße – die wird von Tag zu Tag besser, weil sie erst dann ihren Geschmack richtig entfaltet. Zudem erarbeiten wir eine CD-Aufnahme des „Teseo“, die im Oktober im Carus Verlag erscheinen wird.
GOOD NEWS: Sie haben vor einigen Jahren in der Händel-Oper „Alcina“ in Stuttgart den Bradamante gesungen, also eigentlich eine Männerrolle. Diesmal in „Teseo“ also die Medea. Mit welcher Figur konnten Sie sich besser anfreunden?
Helene Schneiderman: Bei „Alcina“ war es etwas komplizierter. Denn Bradamante ist eine Frau, die sich in dem Stück als Mann verkleidet hat. Das hatte natürlich einen besonderen Reiz, weil ich die Darstellung verschiedener Geschlechterrollen sehr interessant finde. Medea wiederum ist eine Frau, die eine Frau ist. Aber sie ist eben eine Hexe, die zu allem fähig ist. Das heißt für mich wiederum, dass ich sehr viele Freiheiten habe, diese Rolle auszuschmücken. Wenn man sich traut, kann man dabei eigentlich nichts falsch machen.
GOOD NEWS: Sie sind Anfang der 1980er-Jahre von Amerika nach Deutschland gekommen. Seit 1984 sind Sie Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart. Wussten Sie damals schon, dass Sie gekommen sind, um so lange zu bleiben?
Helene Schneiderman: Nein, gar nicht. Ich bin nur schweren Herzens von meiner Familie weggegangen und hatte anfangs oft Heimweh. Aber ich wollte unbedingt nach Deutschland, um zu sehen, ob ich gut genug bin. Ich bekam einen Zweijahresvertrag in Heidelberg und ging dann zum Vorsingen nach Stuttgart. Mittlerweile bin ich 25 Jahre hier, und Stuttgart ist meine zweite Heimat geworden.
GOOD NEWS: Das Stuttgarter Opernpublikum gilt als kritisch, aber auch begeisterungsfähig. Gibt es eine Aufführung in Ihrer Zeit in Stuttgart, bei Sie gemerkt haben, jetzt ist der Funke übergesprungen?
Helene Schneiderman: Ja, es gab tatsächlich ein sehr schönes Erlebnis, an das ich mich gerne erinnere: Bei einer der Proben zu Gioacchino Rossinis „La Cenerentola“ in Stuttgart hat mir das Orchester applaudiert. Eine Kollegin hat mir danach erklärt, dass das wirklich etwas ganz Besonderes sei.
GOOD NEWS: Sie sind von Stuttgart aus in aller Welt unterwegs – von San Francisco über New York nach Mailand. Wie wichtig ist für Sie das Ensemble oder die Atmosphäre des Stuttgarter Opernhauses?
Helene Schneiderman: Sehr wichtig. Natürlich gibt es Solisten, die die Nähe zu den Kollegen nicht brauchen. Ich brauche sie. Für mich ist das Ensemble schon eine Art Familie, in der man groß wird und irgendwann die jüngere Generation nachwächst.
GOOD NEWS: Frau Schneiderman, wir bedanken uns ganz herzlich für das Gespräch. (RC)
Nächste Vorstellungen von Händels „Teseo“ mit Helene Schneiderman an der Staatsoper Stuttgart: 9.6., 13.6. und 26.6. sowie 1.7., 8.7. und 18.7. |