Simon Rost im Interview

Der Geschichtenerzähler

Arbeitet bereits an seinem nächsten Roman: Simon Rost. (Bild: Rost)

Simon Rost ist ein wahres Multi-Talent: Neben Film-Drehbüchern, Hörspielen und Werbefilmen hat der Stuttgarter nun seinen ersten Roman „Der fliegende Mönch“ veröffentlicht. Im Interview berichtet Simon Rost über die Entstehung des Romans, das Geschichtenerzählen und was Stuttgart für ihn besonders macht.

GOOD NEWS: Herr Rost, vor kurzem ist Ihr erster Roman „Der fliegende Mönch“ erschienen. Worum geht es darin?

Simon Rost: „Der fliegende Mönch“ ist ein Historienroman, eine Liebesgeschichte und ein Krimi. Die Geschichte spielt vor dem 30-jährigen Krieg. Die Hauptperson ist Kaspar Mohr, ein ungewöhnlicher Prior, der gleichzeitig Mönch und Erfinder ist. Er soll eine Hexe aufspüren, genau diese Hexe taucht kurze Zeit später in seiner Werkstatt auf und bittet ihn um Hilfe. Schnell stellt sich heraus, dass sich um diese Frau ein Netz von Intrigen spannt, und Kaspar Mohr beginnt zu ermitteln.

GOOD NEWS: Eine abenteuerliche Geschichte. Was macht für Sie eine gute, spannende Abenteuergeschichte aus?

Simon Rost: In erster Linie einmal der Held. Der Leser muss mit der Heldenfigur mitgehen wollen: mit ihr gemeinsam leiden, lachen und einfach ein spannendes Abenteuer erleben wollen.

GOOD NEWS: Der Held in Ihrer Geschichte ist der Mönch Kaspar Mohr, ist er historisch belegt?

Simon Rost: Ja, er hat tatsächlich gelebt und einige Sachen erfunden, darunter, wie im Roman beschrieben, eine Flugmaschine. Damit hat er versucht, vom Klosterdach zu fliegen, was ihm der Abt dann tatsächlich verboten hat. Aber es ist wenig über ihn in den Akten zu finden, er lebte ja zur Zeit des 30-jährigen Krieges, da ging einiges an Material verloren.

GOOD NEWS: Wie kam es denn dazu, dass dieser Mönch zum Helden Ihres Romans und das Kloster Schussenried zum Romanschauplatz wurde?
Simon Rost: Als ich in Stuttgart in der Lerchenstraße lebte, wohnte über mir Bernd Gnann, der in Stuttgart auch nicht unbekannt ist. Er kommt ursprünglich aus Schussenried und war dort so etwas wie der Kulturbeauftragte. Er bat mich, nachdem ich bereits 2003 ein Theaterstück für die Stadt geschrieben hatte, 2007 ein weiteres Theaterstück zu schreiben. Bereits einige Zeit zuvor war mir bei der Besichtigung der Klosterbibliothek das Deckengemälde aufgefallen: Dort ist Kaspar Mohr mit seinem Fluggestell verewigt. So entstand die Idee das nächste Theaterstück über ihn zu schreiben. Das Theaterstück war sehr erfolgreich und wurde mit dem Volkstheaterpreis ausgezeichnet. Für den Verlag Bastei Lübbe, für den ich schon Hörspiele geschrieben hatte, habe ich dann ein 30-seitiges Manuskript verfasst. Der Verlag bat mich in die historische Geschichte noch einen Krimi einzuflechten. So entstand der Roman „Der fliegende Mönch“ in seiner jetzigen Form.
GOOD NEWS: „Der fliegende Mönch“ ist Ihr erster Roman, wie unterscheidet sich das Romanschreiben vom Drehbuchschreiben?
Simon Rost: Da gibt es viele Punkte. Bei einem Roman bin ich nicht nur der Autor, sondern gleichzeitig auch Regisseur, Kostümbildner und Ausstatter. Alles muss stimmig sein und sorgfältig recherchiert werden. Ein weiterer großer Unterschied ist, dass ich bei einem Roman – wie es bei einem Drehbuch der Fall ist – nicht für ein bestimmtes Budget schreibe. Wenn ich der Meinung bin, dass 17 Elefanten mit Hannibals Heer über die Klostermauer springen müssen, dann machen die das in einem Roman. Bei einem Drehbuch weiß ich hingegen, das wird nicht hinhauen, das wird nie finanzierbar sein. Das ist der große Vorteil bei einem Roman, man hat keine Einschränkungen. Die Herausforderung ist dann, trotzdem entscheiden zu müssen, was die Geschichte braucht und was nicht.
GOOD NEWS: Gerade bei einem Historienroman ist es doch sicher auch eine Herausforderung die Balance zwischen historischer Quelle und Fiktion zu wahren?
S imon Rost: Ja, hier ist die größte Schwierigkeit, abzuwägen: Ist es besser, nah an der tatsächlichen Geschichte zu bleiben oder zumindest an dem, was man darüber weiß, oder entferne ich mich davon? Ich entscheide mich in der Regel dafür: Was ist spannend für meine Geschichte? Über Geschichte gibt es wunderbare historische Nachschlagewerke, aber ein solches möchte ich nicht schreiben, sondern eine spannende Geschichte. Wenn sich die Leser dann für diese Zeit interessieren und selbst nachrecherchieren, ist mir das umso lieber.
GOOD NEWS: Ist das Thema Hexenverfolgung im Kloster Schussenried historisch belegt oder ist dieses Romanthema Fiktion?
Simon Rost: Nein, das ist keine Fiktion. Die eigentliche Hochzeit der Hexenverfolgung war zwar im Mittelalter, aber kurz vor dem 30-jährigen Krieg ist das Thema Hexenverfolgung aus unerklärlichen Gründen wieder aufgeflammt und viele weise Frauen saßen im Gefängnis oder wurden sogar auf den Scheiterhaufen gebracht. Zu dieser Zeit musste sich beispielsweise auch die Mutter des berühmten Astronomen Johannes Kepler einem Hexenprozess stellen.
GOOD NEWS: Sie sind in Herrenberg in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen, haben später an der Filmakademie Baden Württemberg studiert und leben inzwischen in Stuttgart. Bietet Ihnen Stuttgart eine kreative Atmosphäre für Ihre Arbeit?
Simon Rost: Ich finde Stuttgart ist eine wunderbare Großstadt, in der es sich zu leben lohnt. Das kreative Potenzial ist da, die Leute sind da. Die Szenen, ob das die Filmszene, die Literatur- oder die Musikszene ist, sind klein aber sehr fein und es macht Spaß hier zu leben. In Stuttgart gibt es ein gewisses Savoir Vivre: Die Menschen hier wissen genau, dass das Leben sich nicht nur um Maloche, sondern auch um Freizeit oder beispielsweise gutes Essen dreht.
GOOD NEWS: Sie arbeiten ja an verschiedenen Projekten: Hörspiele, Filmdrehbücher und im Moment arbeiten Sie schon an einem neuen Roman. Wo sehen Sie in der Zukunft Ihre persönlichen Schwerpunkte?
Simon Rost: Bei meinen Projekten hört es sich immer so an, als seien das ganz verschiedene Projekte, aber eigentlich geht es immer um dasselbe: Geschichten erzählen. Jedes Medium erfordert eine andere Erzählweise. Für mich liegt der Reiz in dieser Abwechslung.
GOOD NEWS: Wann dürfen wir uns auf die Erscheinung Ihres neuen Romans „Barbarossas Tränen“ freuen?
Simon Rost: An meinem neuen Roman arbeite ich seit dem Herbst letzten Jahres und er wird wohl im nächsten Jahr erscheinen.
GOOD NEWS: Herr Rost, vielen Dank für das Interview. (MM)

10.07.2010
(Ausgabe Juli 2010)