Schicke Öko-Mode aus Stuttgart

Ein Outfit in bio

Schicke Öko-Mode in Stuttgart einkaufen – geht das überhaupt? Oh ja! Wir haben den Selbsttest gemacht. Das Ergebnis: Ein grüner Stuttgart-Shopping-Guide.

Wer echte Öko-Kleidung sucht, muss sich abseits der Königstraße bewegen. Die gute Nachricht: Weit weg muss er nicht. Ich möchte ein komplettes Öko- Outfit: Schuhe, Hose, Oberteil, vielleicht auch etwas für darunter. Mein erster Weg führt daher ins „Night Delight“ in der Sophienstraße. Inhaberin Ulrike Brucher führt ihr eigenes Öko- Label. Sie hat sich auf Nachtwäsche spezialisiert. Wer etwas Bequemes für seine Yoga- oder Pilates-Stunde sucht, wird bei ihr ebenfalls fündig.
„Night Delight"
Die vorherrschenden Farben sind Grau, Schwarz, helles Creme und Flieder. Die Stoffe sind weich, elastisch und furchtbar bequem – statt an Pilates denke ich an einen Abend auf dem Sofa. Enttäuscht bin ich dagegen von der Auswahl an ökologischer Unterwäsche. „Ich glaube, außer dem Label ‚Aikyou ist die Auswahl an Öko-Labels in diesem Bereich eher eingeschränkt“, sagt Ulrike  Brucher, die zwar auch Aikyou führt, mich damit aber nicht glücklich machen kann.
„Glore“- „Green Fashion Concept Store“

Gar nicht weit vom Night Delight, in der Eberhardstraße, finde ich den Laden, von dem ich mir die größte Auswahl an Öko-Kleidung verspreche: das „Glore“. Und ich werde nicht enttäuscht. Das Glore ist ein sogenannter „Green Fashion Concept Store“. Heißt auf Deutsch: Jedes Kleidungsstück in diesem Ladung wurde fair produziert und enthält keine Chemikalien. Die Mode ist quitschbunt und lustig, frech oder bedruckt.
Ökokleidung für Frau und Mann
Vom T-Shirt über Pullover, von der Jeans bis zur Herrenunterhose – hier findet jeder etwas für seinen Geschmack. Glore-Inhaberin Nicola Haug ist nicht nur Verkäuferin, sondern vor allen Dingen Beraterin in ökologischen Mode-Belangen: „Wer ökologische Kleidung kauft, kann sich nicht allein auf die Siegel auf den Etiketten verlassen.“ Jedes Label habe einen Schwachpunkt, sozusagen ein Schlupfloch für den Hersteller. Zudem müsse ein Mode-Label die Zertifizierung kaufen. „Und das können sich vor allem die kleinen Mode-Labels nicht leisten.“
Öko ohne Siegel

Doch wenn ich mich nicht auf die Siegel in der Kleidung verlassen kann, auf was denn dann? „Auf den Händler“, sagt Nicola Haug. „In meinen Laden kommt nur Kleidung, die  komplett ökologisch und fair produziert ist.“ Wenn sie „grün“ kauft und trägt, steht dabei nicht nur die eigene Gesundheit im Vordergrund. Vielmehr denkt sie an die Menschen, die bei der Produktion mit Chemikalien zu tun haben wie Azofarben (krebserregend), Chlorbenzole (schädigen Leber, Schilddrüse und das zentrale Nervensystem) oder Schwermetalle wie Blei, Kupfer oder Quecksilber (schädigen Organe und das zentrale Nervensystem, krebserregend). All diese Stoffe sind von der EU teilweise verboten oder deren Verwendung streng reguliert.

Der Labelcheck

Nicola Haug verurteilt Kleidung aus Ländern wie China oder Indien nicht grundsätzlich. Man könne auch dort ökologisch produzieren. „Nur habe ich als Verkäufer das Problem: Steht China auf dem Etikett und fehlt das Siegel, dann hat der Kunde Bedenken“, erklärt sie. Bedenken, die in Bezug auf die Ware in ihrem Laden grundlos sind.Denn die Inhaberin kennt die Köpfe, die hinter den Labels stecken. Jedes Label muss seinen Herstellungsprozess, seine Ausgangsmaterialien, die Arbeitsbedingungen und den Vertriebsweg offenlegen, sonst fliegt es aus dem Sortiment.
„Ottilie“

Nicht ganz so strikt, aber ähnlich ökologisch sehen die Schwestern des „Ottilie“ ihr Ladenkonzept. Susanne Bölzle bietet mir erst einmal einen Tee an, bevor sie mir den Laden zeigt. „Das meiste der Mode und Accessoires ist fair und ökologisch produziert“, sagt sie. Aber eben nur das meiste. Deshalb steht bei Ottilie „fair & organic“ nicht auf dem Schild, sondern nur auf dem Werbe-Flyer. „Das wäre irreführend. Aber wer ökologische Kleidung sucht, wird bei uns fündig“, erklärt Bölzle. So bummele ich hier zwischen  liebevoll eingerichteten Regalen und finde Besonderheiten wie einen Rock, der früher mal eine Anzugshose war oder ein Teil, das gleichzeitig Top, Minirock, Verlängerung und Gürtel ist. Nach meinem Tee geht’s um die Ecke: zur „Grünen Erde“.
„Grüne Erde“

Das Konzept des Ladens ähnelt der Erfolgsgeschichte von Tchibo – nur eben in grün: Angefangen hat alles mit Matratzen. Irgendwann kamen Kissen und Bettwäsche, Möbel, Kosmetik, Geschirr und Schokolade zum Sortiment. Vor knapp drei Jahren dann auch grüne Mode – ökologisch und alltagstauglich. Zum Beispiel das schwarze Langarmoberteil, die gefütterten Stiefel oder der warme Rollkragenpullover. Ganz nach dem Credo „Haltbarkeit ist auch Nachhaltigkeit“ achtet das Label auf die Langlebigkeit der Kleidung. „Was Sie bei uns kaufen, soll Ihr Lieblingsteil werden. Und obwohl Sie es häufig tragen, wird es auch nach Jahren wie neu aussehen“, verspricht mir die Verkäuferin.
Rabattaktion im Februar

Nach meiner Öko-Shopping-Tour bin ich glücklich. Aber vor allem bin ich stolz auf mein erstes „Öko-Outfit“. Tipp für Sparfüchse: Im Februar fliegt die Winter-Mode aus den  Läden. Zu dieser Zeit gibt es auch in vielen Öko- Läden Rabattaktionen. (JS)

31.01.2013
(Ausgabe 2. Februar 2013)