Der Fuchs als unser tierischer Nachbar

Stuttgarts urbane Tiere

Dem kann man so schnell nichts vormachen: Der schlaue Rotfuchs weiß auch in der Großstadt ganz genau, wie und wo er Nahrung erbeuten kann.

Fuchs, du hast die Gans gestohlen…Oder doch eher die Stadttaube? Seit Jahren zieht es immer mehr Rotfüchse in Stuttgarts Innenstadt. Nach Expertenschätzungen leben hier mittlerweile über 4.000 Tiere. Ob im Osten, Süden oder Westen – der Fuchs bevölkert inzwischen fast jeden Stadtteil Stuttgarts. „Als Stuttgarter kann man den Füchsen fast überall begegnen, ob in Waldnähe oder quer durch die Stadt“, weiß die Stuttgarter Zoologin der Wilhelma Isabel Koch.

Gute Lebensbedingungen locken den Fuchs in die Stadt


Nachdem in den 1980er und 90er Jahren die Tollwut in Deutschland immer mehr ausgerottet wurde, nahm die Fuchspopulation enorm zu. Dass es die Füchse daraufhin in die  Stadt zog, liegt vor allem an den guten Lebensbedingungen. Die sind in den Siedlungsgebieten meist besser als in freier Natur. Zum einen gibt es verhältnismäßig große Gärten, Friedhöfe, Brachflächen, Parks und wenig frequentierten Hinterhöfe, die den Vierbeinern als Deckung und Rückzugsgebiet dienen. Zum anderen lockt das umfangreiche Nahrungsangebot einer Großstadt die Vierbeiner an. Zwar ist der anspruchslose Allesfresser eigentlich ein passionierter Jäger und geht mit Vorliebe auf die Pirsch nach Feldmäusen, Kaninchen, Feldhasen, Rebhühnern, Stockenten, Regenwürmern und Rehkitzen.

Restefest für Füchse

Bequemer ist es allerdings, wenn er gar nicht erst jagen muss, das Essen bereits erlegt ist. Und „fertiges“ Essen gibt es in Stuttgart und Umgebung bekanntlich mehr als genug. Ob weggeworfenes Fast-Food-Essen, Fallobst oder volle Mülleimer – dem Nahrungsopportunisten wird sein Fressen in Menschennähe praktisch auf dem Silbertablett kredenzt. Eine besondere Schwäche besitzt er auch für Kompost und nach draußen gestelltem Katzenfutter aus den heimischen Gärten. Doch hier ist Vorsicht geboten, gerade wenn man durch deponiertes Essen den Fuchs bewusst anlocken will.

Wissenschaftlerin mahnt zur Vorsicht


„Natürlich ist es ein toller Anblick, einen Rotfuchs im eigenen Garten zu beobachten“, gibt die Wissenschaftlerin Koch zu, „aber er ist und bleibt ein Wildtier. Und als  Gartenbesitzer würde ich dem Fuchs keinen Anreiz bieten, auf mein Grundstück zu kommen.“ Er könne den Garten nämlich gehörig auf den Kopf stellen. „Füchse graben gerne
die Beete um und verbuddeln Nahrungsreserven. Oder sie stehlen Schuhe oder Kinderspielzeug aus dem Garten, um damit zu spielen“, warnt sie.

Scheue Vierbeiner

Eine wirkliche Bedrohung  stelle der Rotfuchs aber nicht dar. Der grazile Vierbeiner sei per se nicht aggressiv sondern eher scheu, und auch der immer wieder erwähnte Fuchsbandwurm sei keine wirkliche Gefahr. „Menschen sind für diesen Erreger eigentlich ein Fehlwirt.  Natürlich kann eine Übertragung im Ausnahmefall stattfinden, aber es ist sehr unwahrscheinlich“, so Koch.

Hilfe ist beim Jagdpächter zu finden


Falls sich ein Fuchs im eigenen Garten einfindet, der nicht als Gast erwünscht ist, sei der Kontakt zu dem im jeweiligen Bezirk zuständigen Jagdpächter ratsam. „Er hat die richtigen, und vor allem die legalen Tipps, die helfen, den Fuchs friedlich wieder loszuwerden“, sagt sie. Auch solle man unter keinen Umständen versuchen, ihn zu  streicheln, weiß Koch: „Durch Füttern oder Streicheln können sie gezähmt werden. Und halbzahme Füchse zeigen manchmal ein aufdringliches Verhalten, wodurch sie oft geschossen werden.“

Füchse sind immer noch ein beliebtes Jagdziel


Natürlich gibt es in der Stadt auf den ersten Blick weitaus größere Bedrohungen für Füchse, wie beispielsweise den Autoverkehr. Doch ist die Gefahr, von einem Auto überfahren zu werden, weitaus geringer als im Wald oder auf dem Feld durch einen Jäger erschossen zu werden. Kommen im Schnitt jährlich rund 80.000 Füchse durch die Jagd ums Leben, sind es laut Versicherungen und Polizei in Baden-Württemberg durch Verkehrsunfälle nur etwa 4.000.

Der Burgfriede

Gemäß seinem Namen besitzt das Fell des Rotfuchses oberhalb eine mitunter kräftige rötliche, unterhalb hingegen eine weiße Färbung. Er lebt zumeist in Familienverbänden, bestehend aus den Jungfüchsen und ihren Eltern. Als Behausung  dienen ihm in freier Wildbahn seine Fuchsbauten, die oft aus einer Hauptröhre und mehreren Neben- bzw. Fluchtröhren bestehen. In der Stadt tun es aber auch einfachere Behausungen unter Gartenhäusern, Baumstümpfen oder Felsspalten. Ist der Bau groß genug,  kommt es sogar vor, dass Füchse gemeinsam friedlich mit Dachsen oder sogar Kaninchen in einem Bau wohnen – der sogenannte „Burgfriede“.

Der Rotfuchs auf der Jagd


Der Rotfuchs kann aber auch ganz anders. Gerade in Bezug auf die Jagd geht er mit List und Tücke vor, um die erwünschte Beute zu erlegen. So kann er sich zum Beispiel tot stellen, um die Aufmerksamkeit von Aasfressern wie etwa Krähen auf sich zu ziehen und diese dann so zu erbeuten. Auch wurde schon mehrfach beobachtet, wie manche Füchse einen erbeuteten Igel, der sich als stacheliger Ball zusammengerollt hat, ins Wasser befördern und ihn so zwingen, seinen „Rundum-Schutz-Panzer“ zu öffnen.

Der Schlaufuchs

Dank seiner Anpassungsfähigkeit und Gerissenheit ist der Rotfuchs heute eines der erfolgreichsten Raubtiere der Erde, das auch viel urbanen Lebensraum besiedelt. Er ist eben wirklich ein richtiger Schlaufuchs. (VAN)

17.01.2013
(Ausgabe 19. Januar 2013)