Interkultureller Popchor

Beim Casting des Stuttgarter Popchors

Nervös knaupelt René an seinen Fingernägeln. Er steht in einem hellen Raum, hinter ihm ein Keyboard, neben ihm Notenständer, vor ihm eine dreiköpfige Jury. Für sie möchte er singen. Für die drei Damen der Jury, darunter die Chorleiterin Linda Kyei, hat René das Lied Wonderwall von Oasis vorbereitet. „Richtig geübt habe ich nicht“, sagt René. Vielmehr musiziert er täglich etwa eine Stunde – ein echter Musiker. Vor der Jury hört man ihm die Nervosität trotz der Routine an, die Stimme zittert ein wenig. Doch alles geht gut: kein Texthänger, keine falsche Note. Die Jury fällt zwar noch keine Entscheidung, aber die Erleichterung ist René anzusehen. Bevor die Jury eine Entscheidung fällt, müssen alle 58 Bewerber gesungen haben. Sibylle Rau-Pfeiffer von der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Baden-Württemberg e.V. sitzt in der Jury: „Am Ende entscheiden wir, welche Stimmen am besten miteinander harmonieren.“ Die Jury schaut bei allen Bewerbern aber auch auf Intonation, Rhythmik, Interpretation und Ausstrahlung.

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... oder allein.
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GOOD NEWS-Redakteurin Elisabeth Eder begleitet den Popchor mit der Kamera.


Die Texte verstehen

Die Jury hat den ganzen Tag Sänger im Alter zwischen 12 und 21 Jahren gesehen und gehört. Das macht müde, aber langweilig wird es ihnen nicht. Zum Beispiel dank Lea, die mit ihrem Vater und ihrer kleinen Schwester zum Casting gekommen ist. Während Lea ein afrikanisches Lied singt, spielt der Vater die Trommel und die Schwester schüttelt die Rassel. Was sie singt, weiß sie nicht. Aber das ist im Moment egal, gerade eben zählt nur, dass sie sich wohl fühlt und vor der Jury nicht patzt. Später im Interkulturellen Popchor soll es nicht mehr egal sein, worüber die Kinder und Jugendlichen singen, Sibylle Rau-Pfeiffer: „Wir werden die Texte übersetzen, manche davon dann auch vor Publikum übersetzt vortragen.“ Außerdem dürfen die Kinder zusammen mit der Chorleiterin die Lieder aussuchen, „damit sie sich mit den Texten identifizieren können“.


Gar nicht so einfach

Als letzte Bewerberin steht die 22-jährige Jennifer vor der Jury. „Ich bin die Oma unter den Bewerbern“, sagt sie. Tatsächlich ist sie die älteste der Bewerber – immerhin trennen sie zehn Jahre von den Jüngsten. Doch auch wenn sie die Älteste ist, ist Jennifer nicht minder aufgeregt. Vor der Jury flattern ihr die Nerven und es dauert ein wenig, bis sie ihr Lied von Avril Lavigne singt. Die Jury bleibt geduldig: „Atme nochmal tief durch und dann sing.“ Beim Popchor-Casting geht es nicht zu wie im Fernsehen, hier wird niemand niedergemacht oder gar beschimpft. Die 16-jährige Lisa beneidet die Bewerber im Fernsehen dennoch ein bisschen: „Dort wirkt es immer so ruhig und einfach.“

Erster Auftritt Mitte Juli

Schon bald soll es bei den Nachwuchssängern aus Stuttgart auch so leicht aussehen. Der Chor wird sich vor den Sommerferien etwa sechsmal für Proben treffen. Schon Mitte Juli 2011 sollen sie ein erstes Konzert geben. GOOD NEWS wird den Chor begleiten: Wir werden von den Proben berichten und bei der ersten Aufführung dabei sein. Bis dahin sind wir gespannt, ob wir René, Jennifer, Lea und Lisa wiedertreffen. (JUS)

Weitere Informationen:

Das interkulturelle Chorprojekt wird veranstaltet von der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Baden-Württemberg e.V. Mit dem Projekt „Interkultureller Popchor – Musik einer Welt“ wollen die Initiatoren gegenseitiges Verständnis und Toleranz durch die Auseinandersetzung mit internationalen Liedern und Texten und das gemeinsame Erarbeiten dieser Stücke fördern. Die Stuttgarter Sängerin Linda Kyei übernimmt die Chorleitung.
27.05.2011
(Ausgabe 28. Mai 2011)