VfB Vip-Geflüster

VfB Vip-Geflüster

Shinji Okazaki

Sein Trikot, vor Anpfiff noch strahlend weiß, trägt nunmehr die typischen Spuren, die ein Fußballmatch auf den Jerseys der Spieler hinterlässt. Tief eingedrungen ins Textil zeugen die grünlichen Chlorophyllspuren, die erdfarbenen Streifen der Grasnarbe und viele gefl ossene Schweißströme von jenen packenden 90 Minuten, die hinter dem PUMA-Shirt mit der Rückennummer 31 und seinem Träger gelegen haben müssen. So abgekämpft die Dienstkleidung aber auch erscheinen mag, der Mann, der hierfür verantwortlich zeichnete, ist es nicht. Shinji Okazaki trotzt nach Spielende tapfer den Anstrengungen des Spielgeschehens, der Müdigkeit und dem allzu menschlichen Wunsch nach einer ausgiebigen Dusche und der heimischen Couch. Der japanische Winterneuzugang des VfB bleibt dagegen auch in der „dritten Halbzeit“ Kämpfer und Arbeiter. Geduldig und freundlich steht er den Medienvertretern aus Nippon Rede und Antwort. Seit seiner Ankunft in Stuttgart begleiten ihn Kamerateams und Reporter aus Fernost quasi auf Schritt und Tritt. Kaum ein Spiel, kaum eine Trainingseinheit, bei der Shinji Okazaki nicht darum gebeten wird, der japanischen Öffentlichkeit aus seiner neuen Welt zu berichten. Der 25-Jährige kommt dem gerne nach.

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Hansi Müller und Fritz Walter
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Erwin Staudt, Präsident des VfB mit Trainer-Legende Jürgen Sundermann
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Erwin Mayer, Leiter der BMW-Niederlassung Stuttgart mit Gattin
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Einblick in die Ehrenloge, v.l.n.r. Armin Veh, Dr. Nils Schmid, Kurt Beck, Winfried Kretschmann, Ulrich Ruf, Erwin Staudt, Prof. Dr. Dieter Hundt
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Gina Lisa Lohfink und Begleitung
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Prof. Dr. h.c. Matthias Kleinert und Dr. Susanne Eisenmann, Bürgermeisterin für Kultur, Schule und Sport
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Dr. Jürgen Zieger, Oberbürgermeister der Stadt Esslingen
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Jörg Mink, Heinrich Höpper, Uwe Burfeind und Bernhard Lobmüller
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VfB-Fans peitschen ihre Mannschaft nach vorne

Shinjis Lächeln ist längst sein Markenzeichen geworden – beim VfB und in der Heimat, wo er ein absoluter Fußball- Superstar ist, und deren vermeintlich heile Welt in den vergangen Monaten so sehr aus den Fugen geriet. Die katastrophalen Ereignisse in Japan ließen und lassen auch Shinji Okazaki nicht unberührt. Das Erdbeben und die hieraus resultierende atomare Gefahr veränderte vieles. Erst vor wenigen Wochen konnte Shinjis Ehefrau Yumemi mit den beiden kleinen Söhnen Toya und Kenshi nach Deutschland ausreisen. „Ich habe mir große Sorgen gemacht und es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass sie nun hier bei mir sind. Aber meine Eltern, Verwandten und Freunde sind nach wie vor in Japan und müssen mit der Ungewissheit leben, dass niemand sagen kann, was noch alles auf unser Land zukommen kann. Zum Glück ist niemandem etwas zugestoßen, weil meine Heimatstadt Shizuoka weit genug entfernt liegt von der Krisenregion“, sagt Shinji Okazaki. In den ersten Tagen nach dem Beben, das den Inselstaat und die Menschen weltweit bis ins Mark erschütterte, überlegte er, ob er in solch einer Situation überhaupt weiterhin spielen solle, „doch mir wurde schnell klar, dass es weitergehen muss und dass es wichtig ist, jetzt stark zu sein, um ein Zeichen für meine Landsleute zu setzen. Beim VfB habe ich hautnah erfahren, dass Japan viele Freunde hat. Alle bieten ihre Hilfe an. Dafür bin ich sehr dankbar“, so der japanische Nationalspieler.
Familie Okazaki lebt inzwischen in Fellbach und endlich kann Papa Shinji auch wieder mit seinem Nachwuchs spielen. Besonders viel Zeit verbringt er mit seinem Jüngsten. Denn als Kenshi vor vier Monaten das Licht der Welt erblickte, spielte Okazaki beim Asien-Cup und als frischgebackener Champion war er sofort nach Turnierende an den Neckar weitergereist. Nur während eines kurzen Sonderurlaubes konnte er seinen Sprössling sehen. Jetzt sind die Okazakis wieder vereint. Frau und Kinder hätten sich schon gut eingelebt in der Schwabenmetropole, berichtet der Wirbelwind in der VfB Offensive. Und er selbst macht gute Fortschritte beim Deutschlernen. Guten Tag, Wie geht es, danke, bitte und einige kurze Sätze hat er bereits drauf. Neben klassischen Unterrichtsstunden setzt Shinji auf das Üben in der Praxis. Vom ersten Tag an brachte er sich voll in die Mannschaft ein und suchte trotz Sprachbarriere sofort Anschluss bei den neuen Kollegen. „Auch wenn er uns meistens nicht versteht, lacht Shinji und sorgt mit seiner Art für gute Stimmung. In der Mittagspause nehmen wir ihn mit zum Kaffeetrinken oder zum Essen in die Innenstadt und zeigen unserem Samurai dabei auch gleich Stuttgarts schönste Ecken“, erzählt Innenverteidiger Georg Niedermeier.
Wie einige andere Teamkollegen hat der bajuwarische Abwehrhüne nebenbei schon ein paar Brocken Japanisch vom roten Samurai aufgeschnappt. Dieser revanchiert sich für die Integrationsbemühungen seiner Kameraden durch Leistung auf dem Platz. Immer anspielbereit, immer laufstark, niemals müde – Shinji Okazaki bereichert das VfB-Spiel ungemein und könnte in der Rückschau einer der Trümpfe im Kampf um den Klassenerhalt gewesen sein. „Shinji zeigt im Spiel und in jedem Training, dass er ein sehr zielstrebiger Spieler ist, der über das Potenzial verfügt, es in der Bundesliga zu schaffen. Er macht es mit seiner Ballsicherheit und Wendigkeit allen Gegenspielern schwer und ist bereit, auch dahin zu gehen, wo es wehtut. Shinji verfügt über einen eisernen Willen und er steckt vor allem nie auf“, findet Cheftrainer Bruno Labbadia lobende Worte. Einzig die Zeugwarte haben ihre liebe Mühe mit dem 1,73 Meter großen Nippon- Turbo, genauer gesagt mit dessen Trikotage, die so manche Ehrenrunde in der Waschmaschinentrommel benötigt, bis sie wieder einsatzbereit und strahlend weiß ist
30.04.2011
(Ausgabe 30. April 2011)