Marcel Nguyen

Ein Überflieger aus Stuttgart

 
(Bild: Georgia Tzourtzou/Stadtanzeiger Stuttgart)

Auf den Europameistertitel am Barren musste Deutschland lange verzichten. Denn 1955 gewann Helmut Brantz als vorerst letzter Deutscher diese Goldmedaille. 2011 zieht endlich einer nach: Marcel Nguyen. Der 23-Jährige turnt im Stuttgarter Olympiastützpunkt am SpOrt. Er sprach mit GOOD NEWS über seine Gefühle nach dem Titelsieg, seine Pläne für Olympia und über Hautpflege.

GOOD NEWS: Herr Nguyen, herzlichen Glückwünsch zum Titel! Haben Sie nach Ihrer Verletzung geglaubt, so gut bei der Europameisterschaft in Berlin abzuschneiden?

Marcel Nguyen: Vielen Dank. Geglaubt habe ich das nicht. Mein Ziel war, zu zeigen, dass ich nach meiner Verletzung wieder zurück bin. Die Goldmedaille war dann wirklich eine Überraschung für mich. Ich wusste zwar, dass meine Barrenübung gut ist, aber dass sie Gold verdient, damit habe ich nicht gerechnet.

GOOD NEWS: Wie haben Sie sich psychisch auf den Wettkampf vorbereitet?

Marcel Nguyen: Dafür habe ich kein Geheimrezept. Ich weiß, dass es viele Sportler gibt, die sich mental auf solche Wettkämpfe vorbereiten. Ich gehe meine Übung vorher für mich durch und dann geht es auch schon los.

GOOD NEWS: Wie entsteht eine Kür, die bei der Europameisterschaft gezeigt wird?

Marcel Nguyen: Die komplette Übung hat sich im Laufe der Trainingseinheiten entwickelt. Mit der Zeit baut sich so eine Übung auf und mittlerweile ist sie auf einem sehr hohen Niveau. Alles was ich kann, habe ich in diese Übung hineingepackt. Für die nächsten Wettkämpfe ist es jetzt wichtig darauf zu achten, dass ich die Übungen immer sauberer turne. Für Olympia kommt eventuell noch ein Element zu meiner Übung hinzu.

GOOD NEWS: Wie ist die Stimmung durch das Publikum bei einem solchen Großereignis wie der Europameisterschaft in Berlin?

Marcel Nguyen: Es ist schon toll vor heimischem Publikum zu turnen. Die Halle war voll. Das motiviert für den Wettkampf. Ich bin natürlich aufgeregt, aber es ist auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass Familie und Freunde im Publikum sind und die Daumen drücken.

GOOD NEWS: Hat die Turnmannschaft den Erfolg in Berlin gemeinsam gefeiert?

Marcel Nguyen: Ja, klar! Am Sonntagabend haben alle Sportler zusammen den Abschluss der Europameisterschaft gefeiert.

GOOD NEWS: Als Europameister ist das öffentliche Interesse an Ihrer Person sicher gestiegen. Wie gehen Sie damit um?

Marcel Nguyen: Ja, gerade ist tatsächlich viel los. Es gibt viele Anfragen und Interviewtermine. Aber eigentlich hat sich für mich nicht viel verändert – außer, dass ich zur Zeit mehr am Telefon bin als sonst. Das Training geht allerdings ganz normal weiter.

GOOD NEWS: Haben Sie schon realisiert, dass Sie nächstes Jahr nach London zu den Olympischen Spielen 2012 gehen?

Marcel Nguyen:
Ja, das hat man immer im Hinterkopf und so ein Jahr geht ja bekanntlich schneller vorbei, als man denkt. Aber zunächst werde ich mich auf mein nächstes Ziel konzentrieren: bei der Weltmeisterschaft in Japan unter den ersten Acht zu sein.

GOOD NEWS: Wie sehen die Vorbereitungen für die Olympischen Spiele aus? Absolvieren Sie ein spezielles Training?

Marcel Nguyen: Vor den Olympischen Spielen geht es für vier bis fünf Wochen ins Trainingslager im Bundesleistungszentrum Kienbaum bei Berlin. Dort trainieren wir zwei bis drei Tage am Stück. Es wird sicherlich auch mal einen halben oder einen ganzen freien Tag geben. Die nutzen wir dann, um mit der Mannschaft Ausflüge zu unternehmen oder uns mit anderen Sportarten abzulenken.

GOOD NEWS: Falls während der Olympiade noch Zeit bleibt, welche Disziplinen würden Sie sich gerne anschauen?

Marcel Nguyen: Bei den letzten Olympischen Spielen waren wir bereits in der ersten Woche dran. Das war toll, denn dann konnten wir andere Disziplinen verfolgen. Wenn es nächstes Jahr wieder so sein sollte, dann würde ich bei der Leichtathletik, beim Basketball oder bei den Schwimmwettkämpfen zuschauen.

GOOD NEWS: Wie schätzen Sie die Konkurrenz bei den Olympischen Spielen 2012 ein?

Marcel Nguyen: Die Konkurrenz bei Olympia wird natürlich so stark sein wie bei keinem anderen Wettkampf. Jeder Teilnehmer hat das Ziel, auf den Punkt genau zu turnen und sein Bestes zu geben. Von daher rechne ich mit einer sehr starken Konkurrenz.

GOOD NEWS: Liegt das Turntalent bei Ihnen in der Familie?

Marcel Nguyen: Nein, aus meiner Familie hat niemand geturnt. Mit vier Jahren bin ich mit meiner Mutter zum Mutter-Kind- Turnen gegangen. Das hat mir viel Spaß gemacht und die Betreuer haben wohl schon früh mein Talent erkannt. Danach habe ich beim TSV Unterhaching geturnt, bis ich mit neun Jahren nach München zum Leistungsturnen kam.

GOOD NEWS: Ist Ihre Familie bei jedem Wettkampf dabei?

Marcel Nguyen: Nicht bei jedem, aber bei den großen Wettkämpfen wie der Europa- oder Weltmeisterschaft und bei Olympia war meine Mutter bisher immer dabei.

GOOD NEWS: Eine letzte Frage: Wie pflegt ein Turner seine Hände?

Marcel Nguyen: Ja, das ist so eine Sache. Ich creme meine Hände jeden Tag ein. Denn wenn man zu viel Hornhaut hat, bekommt man Risse und das ist sehr unangenehm. Man muss also schon darauf achten, der Haut regelmäßig Feuchtigkeit zu geben.
GOOD NEWS: Herr Nguyen, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg! (NG)

22.04.2011
(Ausgabe 23. April 2011)