Interview mit Regisseur Martin Bachmann

Heldentum und Abenteuerlust

Lehnsherr Gerowin (Thomas Zotz) verteidigt seine Burg. (Bilder: Bühne)

Anno 1235. Der reiche Lehnsherr Gerowin hat es schwer: Sein Dorf wird regelmäßig von Feinden überfallen und er muss es wieder und wieder aufbauen. Um diesem Zustand ein Ende zu bereiten, fasst er einen Entschluss: Eine Burg muss her! Und zwar nicht, um mehr Macht und Ruhm zu gelangen, sondern um sein Land und die Menschen, die darin leben, zu schützen. Leicht gesagt, aber schwerer umzusetzen als gedacht, denn beim Bau jagt ein Problem das nächste. Zu allem Unglück hat Baumeister Nagestahl auch noch einen Unfall. Und mitten in der Arbeit rücken auch schon die nächsten Feinde vor ... Seit der Uraufführung im Mai 2009 hat das Stück „Die Burg“ schon auf zahlreichen Festivals und Theaterbühnen das Publikum in den Bann gezogen. Jetzt ist es auch in Stuttgart zu sehen. Diplom-Figurenspieler Martin Bachmann hat „Die Burg“ nicht nur mitentwickelt, er führt auch Regie und erzählt im GOOD NEWS-Interview über sich und das Stück.

GOOD NEWS: Wie kamen Sie zum Theater und besonders zum Figurentheater?

Martin Bachmann: Bereits mit zehn Jahren wurde ich Mitglied in der Marionettenbühne Lörrach. Das ist ein Laien-Puppentheater unter der Leitung meines Vaters. Dort wurden nicht nur Interesse und Fähigkeiten für das klassische Puppentheater genährt – ich durchschritt auch eine Tür zu der Welt, in der sich die Fantasie durch Spiel immer wieder neu erschafft. Ich entdeckte die Freude am spielerischen Umgang mit allem, was mich in der Welt umgab, es gefiel mir Gegenstände zweckentfremdet zu verwenden oder umzugestalten. Auch die Faszination, auf der Bühne zu musizieren, ist mir bis heute geblieben, ebenso wie das Vergnügen, mehrere Rollen gleichzeitig zu spielen. So konnte ich letztendlich beruflich nur ins Figurentheater geraten.

GOOD NEWS: Und was denken Sie, gefällt Kindern am Figurentheater?

Martin Bachmann: Ihnen gefällt, dass sie beim Zuschauen ihre Fantasie mit einbringen können und sollen. Die Figuren und ihre künstliche Welt erwachen erst in der Fantasie der Kinder zum Leben. Anders als beim Schauspiel, wo der lebendige Darsteller „lediglich“ eine Rolle einnimmt.

GOOD NEWS:
Wie kamen Sie auf die Idee zu „Die Burg“?

Martin Bachmann: Der Impuls kam von Thomas Zotz, der vor allem eine tiefe, kindliche und intellektuelle Begeisterung an dem zu zeigenden Stoff hegte. Ich selbst habe sowieso eine besondere Affinität zu historischen Stoffen, vor allem zum Mittelalter. Die Form der Umsetzung und die dramaturgische Struktur haben wir gemeinsam entwickelt, wobei ich als Regisseur ein wandlungsfähiges Bühnenbild konzipiert. Hier sollten S chauspiel und Figurenspiel gleichberechtigt zusammen stattfinden.

GOOD NEWS:
Wovon handelt das Stück?

Martin Bachmann:
Gerowin, der königliche Lehnsmann und künftige Burgherr beschließt, eine Burg zu errichten. Der König ist leicht senil und verlangt für die Baugenehmigung eine Treuegarantie des Ritters. Die Ehefrau verhindert mit Scharfsinn und Milde eine Revolte der hungernden Arbeiter. Humorvoll werden die eigennützigen Geistlichen aufs Korn genommen und der überhebliche Baumeister karikiert. Natürlich gibt es ein kämpferisches Ende, aber ohne Blutvergießen. Denn die Burg wird den Feinden nicht zum Bollwerk, sondern zur Falle.

GOOD NEWS:
Was ist für Sie das Besondere am Stück?

Martin Bachmann:
Ich finde, dass das Stück „Jungens“-Träume von Heldentum und Abenteuerlust mit gesellschaftlichen Fakten des Mittelalters und einer Prise Selbstironie des Haupthelden vermischt. Wir haben versucht, die lange Zeitlinie bei der Erbauung einer Burg in spannende, mitunter auch skurrile oder lustige Episoden zu unterteilen.

GOOD NEWS:
Warum ist „Die Burg“ jetzt auf der Bühne des FITZ! Zentrum für Figurentheater zu sehen?

Martin Bachmann:
Die Theaterleitung hat das Stück bei einer der ersten Aufführungen gesehen und als Gastspiel gebucht. Neben der darstellerischen und dramaturgischen Qualität spielt sicher auch eine Rolle, dass sich dieses Stück an eine Altersgruppe der Grundschule richtet, für  die nicht so häufig Stücke mit hohem Informationsgehalt angeboten werden, die nicht lehrbuchhaft oder überfrachtet daherkommen.

GOOD NEWS:
Vielen Dank für das Interview! (AM)

Weitere Informationen:

Die Burg - Für Kinder ab 6 Jahren
Wo: FITZ! Zentrum für Figurentheater
Wann: 17.07.2011, 11 Uhr; 18. und 19.07.2011, 10 Uhr
Kosten: 4 - 6 Euro
Anmeldung: 0711 24 15 41
www.fitz-stuttgart.de

Das kämpferische Mittelalter wird für die Zuschauer lebendig.
15.07.2011
(Ausgabe 16. Juli 2011)