Interview mit Thomas Hitzlsperger

Spielen, um Spaß zu haben

Spielen, um Spaß zu haben
"Eine besondere Saison" war die Bundesligasaison 2008/2009, sagt Thomas Hitzlsperger.
Spielen, um Spaß zu haben
Thomas Hitzlsperger im Interview mit GOOD NEWS-Redaktionsleiterin Verena Pohl.

Ein durchwachsener Start, eine traumhafte Rückrunde, am Ende ein guter dritter Platz für den VfB. Was bleibt aus der Bundesligasaison 2008/2009? Wir haben Thomas Hitzlsperger im Café im Buchhaus Wittwer zum Gespräch getroffen.


GOOD NEWS: Sie haben eine tolle Rückrunde gespielt, das letzte Saisonspiel gegen den FC Bayern München jedoch verloren. Überwiegt jetzt die Freude über den dritten Platz oder die Enttäuschung über die Niederlage?

Thomas Hitzlsperger: Unmittelbar nach dem Spiel waren wir enttäuscht, da wir die direkte Qualifikation zur Champions League verpasst haben. Insgesamt fällt das Fazit für die Saison aber sehr positiv aus. Wir haben unser Ziel erreicht und wollen in der nächsten Saison sowohl international als auch in der Bundesliga eine gute Rolle spielen.

GOOD NEWS: Der VfB hat nun die Champions-League-Qualifikation erreicht. Geht damit für Sie persönlich ein Traum in Erfüllung?

Thomas Hitzlsperger: Es ist nicht die Erfüllung eines Traums, aber eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass wir zur Winterpause noch auf Platz 10 waren.

GOOD NEWS: Was waren die einschneidensten Momente dieser Saison für Sie?

Thomas Hitzlsperger: Auf die gesamte Saison bezogen natürlich der Trainerwechsel;  wenn man nicht weiß, was dann kommt und wie der Neue ist. Das war die größte Veränderung. Und das positive Erlebnis – das ist aber nicht ein Spiel oder ein Tag gewesen, sondern die Rückrunde insgesamt: Von Januar an haben wir nur zwei Spiele in der Bundesliga verloren. Und da macht es natürlich richtig Spaß zu arbeiten.

GOOD NEWS: In der Rückrunde hatten Sie einen richtigen Lauf. Können Sie die Stimmung in der Mannschaft in so einer Situation beschreiben?

Thomas Hitzlsperger:
Es ist immer die Frage, was kommt zuerst: der Spaß und dann der Erfolg, oder umgekehrt. Ich habe festgestellt, dass das Klima in der Mannschaft schon zu Beginn der Saison sehr gut war und die Qualität der Mannschaft sich am Ende durchgesetzt hat. Wenn man Erfolg hat, ist die Stimmung noch besser: Man lacht viel, hat viel Spaß zusammen, geht gern ins Training. Denn dafür spielt man Fußball: Erstens, dass man Erfolg hat, und zweitens, dass man Spaß hat. Und den haben wir einfach.

GOOD NEWS: Ihre neue Rolle als Kapitän hat Sie sicher auch vor Herausforderungen gestellt.

Thomas Hitzlsperger: Ja, und das tut es immer wieder. Am Anfang war es gar nicht so einfach. Ich habe mich gefreut, als Armin Veh mir gesagt hat, dass ich Kapitän werde. Das ist eine tolle Auszeichnung für einen Spieler. In der Anfangsphase, als wir nicht gut gespielt haben, habe ich gemerkt, dass ich plötzlich immer der erste Ansprechpartner war. Ich musste erklären, warum es nicht läuft. Das hat mich ziemlich gefordert und war eine neue Rolle für mich. Heute bin ich dankbar, dass ich gleich in der Anfangszeit eine schwierige Phase erlebt habe. Es bleibt weiter eine große Herausforderung, für die ich sehr dankbar bin.

GOOD NEWS: Manche Mannschaftskapitäne brüllen herum oder markieren den Platzhirsch. Von Ihnen kennt man so ein Verhalten nicht. Wie interpretieren Sie Ihre Rolle als Kapitän?

Thomas Hitzlsperger: Ich habe mir diese Frage auch gestellt, nachdem der Trainer mich zum Kapitän gemacht hat: Wie sehe ich meine Aufgabe, was will ich bezwecken? Ich wusste gleich: Ich will nicht einer sein, der durch wildes Gebrüll auf dem Platz auffällt oder der immer wieder durch irgendwelche Aussagen provoziert. Ich bin Kapitän geworden, weil ich so bin wie ich bin – und nicht, weil ich jahrelang herumgeschrien habe. Ich will meinen Beitrag zum Erfolg leisten. Eine vernünftige Ansprache, ein guter Austausch mit dem Trainer und meine Mitspieler darauf hinweisen, was könnte man besser machen und vor allem: Vorbild bleiben, indem ich mehr trainiere. Das Wichtigste für mich ist der gegenseitige Respekt.

GOOD NEWS: Mit Markus Babbel ist ein ehemaliger Spielerkollege nun Ihr Teamchef. Wie haben Sie diesen Rollenwechsel erlebt?

Thomas Hitzlsperger: Er hat den Vorteil, dass er uns gut kennt, weil er mit den meisten noch zusammen gespielt hat. Die Fehler, die er aus der Vergangenheit analysiert hat, hat er abgestellt. Seitdem er da ist, geht die Formkurve nach oben. Demnach brauchen wir gar nicht darüber sprechen, ob es eine Schwierigkeit ist, ihn als Teamchef anzunehmen, weil er noch vor Kurzem unser Mitspieler war.

GOOD NEWS: Vor dem 32. Spieltag haben Sie getippt, dass Hertha Meister wird. Was nehmen Sie aus dieser Saison mit?

Thomas Hitzlsperger:
Es war schon eine besondere Saison. Mich stört jetzt nicht im Geringsten, dass ich falsch getippt habe. So eine spannende Saison habe ich selbst noch nicht erlebt und ich bin froh, dass wir bis zum Schluss vorne mit dabei waren. Es hat sich gezeigt, dass wir über genügend Potenzial verfügen, um ganz oben in der Tabelle zu stehen, und uns auch durch Rückschläge nicht aus der Bahn werfen lassen.
GOOD NEWS: Der Umbau der Mercedes-Benz Arena hat schon begonnen. War das letzte Heimspiel ein wehmütiger Moment für Sie?

Thomas Hitzlsperger:
Ehrlich gesagt habe ich gar nicht daran gedacht, weil das Spiel gegen Cottbus so wichtig war. Ich war so konzentriert und die anderen waren es auch, dass ich mir nicht bewusst war, dass direkt nach dem Spiel der Umbau beginnt.

GOOD NEWS: Was erhoffen Sie sich vom Umbau der Arena in ein reines Fußball-Stadion?

Thomas Hitzlsperger: Zunächst ist es natürlich schwierig, weil das Stadion dann erst mal eine Baustelle ist und die Stimmung darunter leiden könnte. Es soll aber keine Auswirkungen auf unsere Leistungen haben. Die Vorfreude auf die neue Arena ist deutlich zu spüren, sowohl bei den Fans als auch bei uns Spielern.

GOOD NEWS:
Was macht ein Bundesligaspieler eigentlich nach dem letzten Saisonspiel?

Thomas Hitzlsperger:
Die Spieler haben unmittelbar nach dem letzten Spiel Urlaub und fahren/fliegen in ihre Heimatländer/-städte. Dieses Jahr ist es so, dass ich zunächst noch zehn Tage mit der Nationalmannschaft verreise. Wir fliegen nach Schanghai und nach Dubai. Im Anschluss daran werde ich zu meiner Familie fahren und vielleicht ein paar Tage in den Urlaub fliegen. Es sind dann vier Wochen, in denen wir kaum etwas mit Fußball zu tun haben, obwohl wir ja trotzdem ein bisschen trainieren müssen.

GOOD NEWS: Sie trainieren auch im Urlaub?

Thomas Hitzlsperger: Ja. Zwei Wochen können wir komplett frei machen. Die nächsten drei Wochen müssen wir wieder trainieren. Da gibt es einen Trainingsplan, den wir einhalten müssen. Es geht darum, das Fitnessniveau zu halten, um die harte Vorbereitung möglichst ohne Verletzungen zu überstehen.

GOOD NEWS:
Herr Hitzlsperger, vielen Dank für das Gespräch. (VP)

06.06.2009
(Ausgabe Juni 2009)