Interview mit Klaus Birk
Geistgeblitztes Hirnschmalz
Klaus Birk (Bild: Bea Pötzsch)
Ein Plausch unter Kollegen ist dieses GOOD NEWS-Interview, das am Fuße des Fernsehturms stattfindet. Klaus Birk schreibt seit der ersten GOOD NEWS-Ausgabe im Herbst 2007 monatlich die beliebte Kolumne „Alles super, alles Stuttgart“. Im Interview berichtet er, wie Stuttgart ihn inspiriert und gibt Antworten – auch auf Fragen, die gar nicht gestellt wurden.
GOOD NEWS:
Siehst du dich eher als Comedian oder als Kabarettist?
Klaus Birk: Da ist die Antwort eindeutig: ja (lacht) .
GOOD NEWS: Oder anders: Wodurch unterscheidet sich das eine vom anderen?
Klaus Birk: Kabarettist schreibt sich mit drei T, Comedian dagegen nur mit einem M. Spaß beiseite: Kabarettisten sind das politische Gewissen des Landes und leben stellvertretend die Wut ihres Publikums aus. Die Zuschauer wären auch gerne wütend, kommen aber momentan nicht dazu. Der Stand-up-Comedian sagt dir, wie man im Alltag Probleme überwindet, die man nur hat, wenn man genug Geld besitzt, um in seine Show zu gehen.
GOOD NEWS: Du siehst dich also schon eher als politischen Kabarettisten, der die alltäglichen Umstände im Land mit den Mitteln des Comedians auf den Arm nimmt?
Klaus Birk: Genau. Ich spotte darüber, wie unterbezahlte, ehrliche Manager mit frisch frisierten Politikerinnen besser über ihre Beziehungen reden können. Manchmal gebe ich auch Tipps, wie man als Stuttgarter Bürger die Dinge selbst in die Hand nehmen und in einer anonymen Selbsthilfegruppe einen Tunnel graben kann.
GOOD NEWS: Also doch kritisch und engagiert?
Klaus Birk: Ja klar. Dieter Hildebrandt hat einmal gesagt: „Kabarett kann keine Antworten geben.“ Ich finde: Doch, Kabarett kann Antworten geben. Du darfst heute durchaus sagen, wie man was ändern kann. Bäume zu pflanzen ist eine sinnvolle Tätigkeit und Radfahren auch. Der Stand-up-Kabarettist darf schon den Mut haben, eine Meinung zu vertreten, und wenn es die eigene ist – und da gehören auch Antworten und persönliches Handeln dazu. Wobei Hildebrandt wohl eher verhindern wollte, dass agitiert, manipuliert und alles mit Moralin aufgefüllt wird. Und da stimme ich ihm voll zu.
GOOD NEWS: Du hast Jura studiert. Wann hast du dich für die Humor- und gegen die Aktenfresser- Laufbahn entschieden?
Klaus Birk: (lacht) Gegen 13 Uhr 14, kurz nach dem Mittagessen. Aber es hat ein wenig gedauert, bis ich den Mut fand, mich als Komiker zu outen. Den Mut hatte ich zwischen fremden Erwartungen und eigenen Bedenken verlegt.
GOOD NEWS: Wie wird aus einem Juristen ein Komiker?
Klaus Birk: Durch Entpuppung. Wer eine Zeit lang Jura studiert hat, wird entweder rechtmäßig oder er entpuppt sich als Komiker. Manche schaffen beides. Ich bin eben ein recht mäßiger Komiker geworden (lacht) . Mal ehrlich, man braucht schon einen gewissen Geisteszustand, um auf Dauer Gesetzestexte aushalten zu können (lacht). Gut, den braucht man bei einem Comedian auch. In beiden Fällen habe ich großen Respekt vor allen, die das genießen können.
GOOD NEWS: Wie spontan fallen Dir solche Antworten ein?
Klaus Birk: Sehr oder gar nicht (lacht) . Ich überlege sie mir vorher und hoffe auf die richtigen Fragen.
GOOD NEWS: Seit Bestehen der GOOD NEWS schreibst du die Kolumne für die Rubrik „Zu guter Letzt“. Die Kolumne mutet philosophisch, manchmal sogar poetisch an. Willst du die Leute zum Lachen oder zum Nachdenken bringen?
Klaus Birk: Natürlich beides. Als nicht ganz dichter Denker liebe ich den Ernst als Quell der Freude. Gute Comedy ist immer auch tragisch. Im Unterschied zur Tragödie lässt sie uns über die menschlichen Schwächen lachen. Wir sehen den Fehler und das kann einen Impuls geben, etwas zu ändern. Man kann auch alles locker und mit den Augen Buddhas sehen und sagen: Auch dieses Leben geht vorüber.
GOOD NEWS: Deine Kolumne strotzt vor Wortschöpfungen. Sind das Geistesblitze oder musst du da richtig Gehirnschmalz reinstecken?
Klaus Birk: Ich stecke geistgeblitztes Hirnschmalz rein. Das geschriebene Wort muss einem mehrmaligen Lesen standhalten.
GOOD NEWS: Die deutsche Sprache wird nicht unbedingt als verspielt wahrgenommen. Dir gehen jedoch Wortwitz und Wortspielereien nie aus. Wird die deutsche Sprache unterschätzt?
Klaus Birk: Deutsch gilt als eine der reichsten Sprachen überhaupt. Zudem haben wir als Kinder ständig neue Worte geschaffen. Als Erwachsene wollen wir allem seine Ordnung lassen und gehen die Sache mit dem gebührenpflichtigen Ernst an. Ich spiele mit der Sprache und freue mich, wenn dabei etwas Neues, Ungewohntes entsteht. Spaßig ist, wenn der Leser hängenbleibt und zweimal nachlesen muss, ob da wirklich steht, was sein Gehirn ihm gerade mitgeteilt hat.
GOOD NEWS: Im November, Dezember und Januar kann man dich im Renitenztheater Stuttgart sehen. Kannst du schon ein paar Themen andeuten, die du in deinem Programm behandeln wirst?
Klaus Birk: Gerne: Ich zeige zwei Programme. „Diesmal schenk ich nix!“ ist ein Weihnachts-Special. Dabei geht es um die Qual des zwanglosen Schenkens, den Freu- Stress und den erlösenden Streit an Heilig Abend, wobei man endlich den Frust, die Wut und die Liebe loswerden kann, für die das ganze Jahr über keine Zeit war. Das andere Programm „Staub statt Stuttgart!“ – ist meine jährliche neu geschriebene Liebeserklärung an unsere so heiß geliebte Landeshauptstadt. Dieses Jahr etwa hat Stuttgart den bundesweiten Feinstaubwettbewerb gewonnen, den Stadionumbau begonnen und dabei 60 Bomben unterm Rasen entschärft und allen Freude geschenkt, die Gelb, Grün und eine getunnelte Stadt lieben.
GOOD NEWS: Darf man einen Komiker nach seiner guten Nachricht des Monats fragen?
Klaus Birk: Ja (lacht) .
GOOD NEWS: Du machst es mir aber wirklich nicht leicht. Also: Wie lautet deine persönliche gute Nachricht?
Klaus Birk: Dazu muss ich sagen: Mein vorletztes Programm hieß „Frag nicht so blöd“ (lacht) .
GOOD NEWS: Die Fragen waren jetzt aber nicht blöd.
Klaus Birk: (lacht) Nein, die waren fantastisch. Für mich ist die gute Nachricht des Monats, dass wir dieses Interview machen (lacht). Was mir gefällt ist – bezogen auf die GOOD NEWS –, die Möglichkeit zu haben, mich jeden Monat geblättelt über meine große Liebe Stuttgart und ihre gewöhnlichen und außergewöhnlich gewöhnlichen Wohltaten zu äußern.
GOOD NEWS: Klaus Birk, vielen Dank für das Gespräch. (VP)
Klaus Birk: Da ist die Antwort eindeutig: ja (lacht) .
GOOD NEWS: Oder anders: Wodurch unterscheidet sich das eine vom anderen?
Klaus Birk: Kabarettist schreibt sich mit drei T, Comedian dagegen nur mit einem M. Spaß beiseite: Kabarettisten sind das politische Gewissen des Landes und leben stellvertretend die Wut ihres Publikums aus. Die Zuschauer wären auch gerne wütend, kommen aber momentan nicht dazu. Der Stand-up-Comedian sagt dir, wie man im Alltag Probleme überwindet, die man nur hat, wenn man genug Geld besitzt, um in seine Show zu gehen.
GOOD NEWS: Du siehst dich also schon eher als politischen Kabarettisten, der die alltäglichen Umstände im Land mit den Mitteln des Comedians auf den Arm nimmt?
Klaus Birk: Genau. Ich spotte darüber, wie unterbezahlte, ehrliche Manager mit frisch frisierten Politikerinnen besser über ihre Beziehungen reden können. Manchmal gebe ich auch Tipps, wie man als Stuttgarter Bürger die Dinge selbst in die Hand nehmen und in einer anonymen Selbsthilfegruppe einen Tunnel graben kann.
GOOD NEWS: Also doch kritisch und engagiert?
Klaus Birk: Ja klar. Dieter Hildebrandt hat einmal gesagt: „Kabarett kann keine Antworten geben.“ Ich finde: Doch, Kabarett kann Antworten geben. Du darfst heute durchaus sagen, wie man was ändern kann. Bäume zu pflanzen ist eine sinnvolle Tätigkeit und Radfahren auch. Der Stand-up-Kabarettist darf schon den Mut haben, eine Meinung zu vertreten, und wenn es die eigene ist – und da gehören auch Antworten und persönliches Handeln dazu. Wobei Hildebrandt wohl eher verhindern wollte, dass agitiert, manipuliert und alles mit Moralin aufgefüllt wird. Und da stimme ich ihm voll zu.
GOOD NEWS: Du hast Jura studiert. Wann hast du dich für die Humor- und gegen die Aktenfresser- Laufbahn entschieden?
Klaus Birk: (lacht) Gegen 13 Uhr 14, kurz nach dem Mittagessen. Aber es hat ein wenig gedauert, bis ich den Mut fand, mich als Komiker zu outen. Den Mut hatte ich zwischen fremden Erwartungen und eigenen Bedenken verlegt.
GOOD NEWS: Wie wird aus einem Juristen ein Komiker?
Klaus Birk: Durch Entpuppung. Wer eine Zeit lang Jura studiert hat, wird entweder rechtmäßig oder er entpuppt sich als Komiker. Manche schaffen beides. Ich bin eben ein recht mäßiger Komiker geworden (lacht) . Mal ehrlich, man braucht schon einen gewissen Geisteszustand, um auf Dauer Gesetzestexte aushalten zu können (lacht). Gut, den braucht man bei einem Comedian auch. In beiden Fällen habe ich großen Respekt vor allen, die das genießen können.
GOOD NEWS: Wie spontan fallen Dir solche Antworten ein?
Klaus Birk: Sehr oder gar nicht (lacht) . Ich überlege sie mir vorher und hoffe auf die richtigen Fragen.
GOOD NEWS: Seit Bestehen der GOOD NEWS schreibst du die Kolumne für die Rubrik „Zu guter Letzt“. Die Kolumne mutet philosophisch, manchmal sogar poetisch an. Willst du die Leute zum Lachen oder zum Nachdenken bringen?
Klaus Birk: Natürlich beides. Als nicht ganz dichter Denker liebe ich den Ernst als Quell der Freude. Gute Comedy ist immer auch tragisch. Im Unterschied zur Tragödie lässt sie uns über die menschlichen Schwächen lachen. Wir sehen den Fehler und das kann einen Impuls geben, etwas zu ändern. Man kann auch alles locker und mit den Augen Buddhas sehen und sagen: Auch dieses Leben geht vorüber.
GOOD NEWS: Deine Kolumne strotzt vor Wortschöpfungen. Sind das Geistesblitze oder musst du da richtig Gehirnschmalz reinstecken?
Klaus Birk: Ich stecke geistgeblitztes Hirnschmalz rein. Das geschriebene Wort muss einem mehrmaligen Lesen standhalten.
GOOD NEWS: Die deutsche Sprache wird nicht unbedingt als verspielt wahrgenommen. Dir gehen jedoch Wortwitz und Wortspielereien nie aus. Wird die deutsche Sprache unterschätzt?
Klaus Birk: Deutsch gilt als eine der reichsten Sprachen überhaupt. Zudem haben wir als Kinder ständig neue Worte geschaffen. Als Erwachsene wollen wir allem seine Ordnung lassen und gehen die Sache mit dem gebührenpflichtigen Ernst an. Ich spiele mit der Sprache und freue mich, wenn dabei etwas Neues, Ungewohntes entsteht. Spaßig ist, wenn der Leser hängenbleibt und zweimal nachlesen muss, ob da wirklich steht, was sein Gehirn ihm gerade mitgeteilt hat.
GOOD NEWS: Im November, Dezember und Januar kann man dich im Renitenztheater Stuttgart sehen. Kannst du schon ein paar Themen andeuten, die du in deinem Programm behandeln wirst?
Klaus Birk: Gerne: Ich zeige zwei Programme. „Diesmal schenk ich nix!“ ist ein Weihnachts-Special. Dabei geht es um die Qual des zwanglosen Schenkens, den Freu- Stress und den erlösenden Streit an Heilig Abend, wobei man endlich den Frust, die Wut und die Liebe loswerden kann, für die das ganze Jahr über keine Zeit war. Das andere Programm „Staub statt Stuttgart!“ – ist meine jährliche neu geschriebene Liebeserklärung an unsere so heiß geliebte Landeshauptstadt. Dieses Jahr etwa hat Stuttgart den bundesweiten Feinstaubwettbewerb gewonnen, den Stadionumbau begonnen und dabei 60 Bomben unterm Rasen entschärft und allen Freude geschenkt, die Gelb, Grün und eine getunnelte Stadt lieben.
GOOD NEWS: Darf man einen Komiker nach seiner guten Nachricht des Monats fragen?
Klaus Birk: Ja (lacht) .
GOOD NEWS: Du machst es mir aber wirklich nicht leicht. Also: Wie lautet deine persönliche gute Nachricht?
Klaus Birk: Dazu muss ich sagen: Mein vorletztes Programm hieß „Frag nicht so blöd“ (lacht) .
GOOD NEWS: Die Fragen waren jetzt aber nicht blöd.
Klaus Birk: (lacht) Nein, die waren fantastisch. Für mich ist die gute Nachricht des Monats, dass wir dieses Interview machen (lacht). Was mir gefällt ist – bezogen auf die GOOD NEWS –, die Möglichkeit zu haben, mich jeden Monat geblättelt über meine große Liebe Stuttgart und ihre gewöhnlichen und außergewöhnlich gewöhnlichen Wohltaten zu äußern.
GOOD NEWS: Klaus Birk, vielen Dank für das Gespräch. (VP)
31.10.2009
(Ausgabe November 2009)